Polen kappt Bahn nach Kostrzyn

Die Züge in die Grenzstadt sollen künftig auf deutschem Gebiet enden. Die polnische Bahnbehörde verweigert dem neuen Betreiber die Konzession. Kenner vermuten dahinter eine Retourkutsche

von UWE RADA

Vor kurzem erst haben Mitarbeiter von Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) mit ihren Kollegen aus der Woiwodschaft Lebuser Land die Fahrpläne für die Bahnstrecke Berlin–Kostrzyn aufeinander abgestimmt. Doch nun scheint alles umsonst.

Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB), die die Strecke ab Dezember von der DB-Regio übernimmt, hat von der Eisenbahnbehörde UTK bislang keine Genehmigung bekommen, die rund drei Kilometer zwischen der Grenze und dem polnischen Grenzstädtchen zu befahren.

Inzwischen hat NEB-Vertreter Eberhard Conrad auch öffentlich Alarm geschlagen: „Wir sehen die Gefahr, dass die Strecke nicht planmäßig in Betrieb geht“, sagte Conrad, nachdem die polnische Tageszeitung Gazeta Lubuska einen Bericht über das drohende Aus der Strecke veröffentlicht hatte. Laut Conrad begründet die UTK ihre ablehnende Haltung damit, dass die rechtliche Grundlage dafür fehle, NEB-Züge für das polnische Streckennetz zuzulassen. Die technischen Nachrüstungen, die die UTK zuvor gefordert hatte, hat die Connex-Tochter alle einbauen lassen. Besteht die UTK aber auch auf einem Staatsvertrag, scheint eine schnelle Einigung ausgeschlossen.

Aus der Verkehrsverwaltung war gestern zu hören, dass es ein modernes Rahmenabkommen für den Eisenbahnverkehr, wie es etwa für Deutschland und Tschechien existiert, für den Bahnverkehr mit Polen tatsächlich nicht gibt. Rechtliche Grundlage für den grenzüberschreitenden Betrieb ist ein Abkommen aus dem Jahre 1971 zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen.

Zwar hat Verkehrssenatorin Junge-Reyer als Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz den damaligen Bundesverkehrsminister Stolpe aufgefordert, ein solches Abkommen zur Chefsache zu machen. Bislang ohne Ergebnis. Nun, so heißt es in der Verwaltung, müssten sich Berlin und Brandenburg mit den grenznahen polnischen Woiwodschaften zusammentun, um auf ihre Regierungen Druck auszuüben.

Auch der Sprecher von Brandenburgs Infrastrukturminister Frank Szymanski (SPD), Lothar Wiegand, sagt: „Wir müssen klären, ob man nun einen eigenen Staatsvertrag braucht.“

Ob das von Erfolg gekrönt wird, scheint fraglich. Seit langem schon herrscht zwischen der polnischen UTK und dem deutschen Eisenbahnbundesamt (EBA) ein Kleinkrieg. Für Kenner ist es deshalb nicht ausgeschlossen, dass die Verweigerung der Konzession eine „Rache für Forst“ ist. Zehn Monate lang nämlich hatte sich das deutsche EBE Zeit gelassen, einem neuen Schienenbus der polnischen Staatsbahn PKP die Genehmigung für die Fahrt in die Niederlausitz zu erteilen. Auch der Vizemarschall der Woiwodschaft Lebuser Land, Edward Fedko, hatte auf diesen Umstand hingewiesen.

Ähnlich lange kann die NEB nicht warten. Ohne eine Anbindung an die polnische Grenzstadt aber macht die Strecke wenig Sinn. Schließlich nutzen die Verbindung vor allem Polen, die nach Berlin pendeln. Die starre Haltung der UTK schadet also letztlich den Polen selbst.

Indessen richtet sich das Augenmerk auf ein Arbeitstreffen der Verkehrspolitiker aus Berlin, Brandenburg und der Woiwodschaft Lebuser Land, das am 15. November in Zielona Góra beginnt. Thema dort: Der Schienenverkehr zwischen Berlin und der polnischen Grenzregion.