…WAS MACHT EIGENTLICH ... der Berliner?
: Lumpen zu lange tragen

Dieser Stadt steht Grausames bevor: Nach New York könnte Berlin die zweite Stadt mit Loch werden. Und es geht hier ausnahmsweise nicht um das sogenannte Finanzloch, sondern um ein textiles. Wie die Deutsche Presse-Agentur herausgefunden hat, spenden die Berliner „zwar freudig Kleidung für einen guten Zweck. Oft sind die Sachen aber unbrauchbar.“ Beweisfotos wären natürlich zwecklos. Denn: Was sollen sie zeigen? Löcher?!

Die Kleidersammler der Berliner Arbeiterwohlfahrt (AWO) haben sogar eine Erklärung für die größeren Löcher in der Kleidung: die schlechte Qualität derselben. Und die tragen die Menschen auch noch länger, als es gut ist! Wohin das führt, kann man in Berlins Mitte schon seit Jahren beobachten: zum urbanen Pennertum, dessen primäres Merkmal ein ausgesprochen desaströser Kleidungsstil ist, der Löcher und Hässlichkeit honoriert, während es das gebügelte Hemd in den Mülleimer wirft – wo es wieder rausgezogen und als sogenanntes „vintage“-Shirt für Unsummen verkauft wird.

Diese Konkurrenz für das eigene Geschäft können die Sozialverbände natürlich nicht dulden. Deswegen soll ihr Aufruf, endlich auch wieder tragbare Kleidung in die Tonnen zu kloppen, hiermit ausdrücklich unterstützt werden. Denn wer alle drei Monate eine komplett neue Garderobe bei schwedischen Billiganbietern erwirbt, sollte auch in der Lage sein, diese turnusgemäß wieder abzustoßen. Abgegriffen, aber wahr: Nur wer sich – gerade auch modisch – ändert, bleibt sich treu. Projekt Nächstenliebe, einmal anders. DOS FOTO: ARCHIV