Reproduktive Gesundheit wird vernachlässigt

Eine WHO-Studie schätzt, dass jährlich 19 Millionen illegale Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Rund 68.000 davon enden tödlich

Weltweit hat das Engagement für sexuelle und reproduktive Rechte abgenommen. Besonders deutlich äußert sich der Trend in einem Rückgang der finanziellen Mittel für Familienplanung und einer zunehmenden politischen Gleichgültigkeit. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie, die jetzt im November in der britischen Medizinfachzeitschrift The Lancet veröffentlicht wird.

Die neue Untersuchung, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeinsam mit dem UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA), dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) und der Weltbank in Auftrag gegeben worden ist, zeigt, dass immer mehr Frauen frühzeitig sterben oder gesundheitliche Schäden davontragen, weil sie ihre sexuellen und reproduktiven Rechte nicht wahrnehmen können.

Der Bericht zeigt, dass die Bedürfnisse vor allem von Frauen im Süden systematisch vernachlässigt werden – mit verheerenden Folgen. Mehr als eine halbe Million Frauen stirbt jedes Jahr an Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt. Der Zugang zu Verhütungsmitteln hat zwar weltweit zugenommen, aber noch immer gibt es rund 120 Millionen Paare, die nicht verhüten können.

Schätzungsweise 80 Millionen Frauen werden jedes Jahr ungewollt schwanger. Die Folge sind 45 Millionen Abtreibungen. Jedes Jahr kommt es zu 19 Millionen illegaler Abbrüche, die in 68.000 Fällen tödlich enden und bei Millionen Frauen bleibende gesundheitliche Schäden hinterlassen.

Seit der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo im Jahr 1994 sind der WHO zufolge mehr Rück- als Fortschritte bei der reproduktiven Gesundheit zu verzeichnen. So haben die Geberstaaten ihre Unterstützung für Familienplanungsprogramme zwischen den Jahren 1995 und 2003 von rund 560 Millionen US-Dollar auf 460 Millionen Dollar gesenkt.

Der Studie zufolge benötigt jedoch gerade Afrika zusätzliche Mittel in Höhe von 70 Millionen Dollar, um zumindest die Hälfte der von der UN empfohlenen Familienplanungsprojekte durchführen zu können. Auch die Gelder für die Entwicklung neuer Verhütungsmittel wurden zugunsten der Mikrobizid-Forschung im HIV-Bereich zurückgefahren.

Neben der Erstellung zuverlässiger Daten ist die sexuelle Aufklärung ein wesentlicher Beitrag zur reproduktiven Gesundheit, so die Autoren der Studie, die Informationen aus insgesamt 59 Ländern ausgewertet haben. IPS