Im Gefängnis der Emotionen

Im Juli wurde die Leiche einer Frau gefunden. Deren Lebensgefährte steht nun wegen Totschlags vor Gericht. Hier offenbart sich das Drama einer Transsexuellen, die im Kampf um eine glückliche Beziehung ihr Leben ließ

Mal spricht Robert E. von „ihr“, mal von „ihm“. Wenn er die Person beschreibt, die ihm einmal ein glückliches Leben in Deutschland versprach, beschreibt er eine Frau. Im Streit aber, wenn Claudia C. ihn beleidigte und bedrohte, da will er „plötzlich einen Mann“ vor sich gesehen haben, gegen den er sich wehren musste. Mal weich und charmant, mal hart und unnachgiebig: Den Launen seiner Geliebten fühlte Robert E. sich ausgesetzt, litt ein einsames Leben in der Zweisamkeit. Am 1. Juli kam es zu einem weiteren, diesmal tragischen Streit. Ein Wort gab das nächste, irgendwann war ein Messer im Spiel, und Robert E. stach zu. Gestern eröffnete das Hamburger Landgericht den Totschlagsprozess.

Der Venezolaner hat sich längst in sein Schicksal gefügt. Er weiß, dass er das Gefängnis so bald nicht mehr verlassen wird. Der abenteuerliche Teil seiner Geschichte ist abgeschlossen – das versteckte Leben in der Illegalität, die Transsexuellen-Szene auf dem Hamburger Kiez, die rasende Eifersucht von Claudia C., der tödliche Streit. Und schließlich die Verzweiflung, mit der er die Leiche seiner Freundin zerstückelte und aus der Wohnung brachte. Jetzt sitzt Robert E. im Verhandlungssaal, blickt resigniert vor sich hin und weint.

Als der heute 33-Jährige vor vier Jahren nach St. Pauli zog, war Claudia C. endlich eine Frau geworden. Sie hatte sich operieren lassen und steckte endlich in dem Körper, den sie sich, noch als Mann, so sehr gewünscht hatte. Doch das erhoffte Glück kam damit nicht. Sie habe weniger Geld verdient als zuvor, erzählt Robert E.: Die 48-Jährige arbeitete als Prostituierte, aber gut lief das Geschäft nicht. Das Glück nun sollte Robert E. bringen. Sie wollte jemanden „zuhause haben“, sagt er. Claudia habe in der Szene „unter Gleichgesinnten“ mit dem Freund angeben wollen. Denn dort „ist es selten, dass jemand eine feste Beziehung hat“.

Glaubt man Robert E., wurde die gemeinsame Wohnung für ihn zum Gefängnis. Wenn er sie doch einmal verlassen habe, dann zu einem hohen Preis: Streits, Beschimpfungen und immer wieder eine Drohung: „Ich schneide dir deinen Penis ab, damit du mit keiner anderen Frau etwas anfangen kannst!“ So sei es schließlich Claudia C. gewesen, die an jenem Tag im Juli zuerst das Messer gezogen habe. „Nur einer von uns wird hier lebend rauskommen“, habe sie noch gerufen, ehe sie, von Robert E. getroffen, zu Boden ging.

Drei Tage lang lag ihre Leiche in der gemeinsamen Wohnung. Dann zersägte der 33-Jährige sie, warf Arme und Beine in den Müll, legte den Torso in einen Koffer und diesen nachts in einen Park. „Im Grunde wollte ich wohl“, sagt Robert E. vor Gericht, „dass jemand die Teile findet.“ELKE SPANNER