Segeberger Skelettschänder

Drei Soldaten aus Lettow-Vorbeck-Kaserne gestehen, an Totenschändungen in Afghanistan beteiligt gewesen zu sein. Gegen rund 20 Bundeswehrangehörige wird derzeit ermittelt

Von MARCO CARINI

Im Skandal um Totenschändungen deutscher Soldaten in Afghanistan haben drei in der Bad Segeberger Lettow-Vorbeck-Kaserne stationierte Bundeswehroffiziere ihre Beteiligung „rückhaltlos eingestanden“. Das ließ der Kommandeur der 18. Panzerbrigade, General Christof Munzlinger, mitteilen. Zwei der Täter wurden vom Dienst suspendiert, einer wurde laut Presseoffizier Michael Fritz „vorübergehend vom Dienst freigestellt“.

Nähere Angaben über die Identität der Männer wollte Fritz gegenüber der taz nicht machen. Über konkrete Konsequenzen aus den Vorfällen soll nun in Berlin entschieden werden – die weiteren Ermittlungen wurden inzwischen an das Bundesverteidigungsministerium abgetreten. Hier gehe es darum, so Fritz, „ob die Vorfälle Straftaten sind oder nur Dienstvergehen“. Dabei kam es zu einer Kommunikationspanne: Ministeriumssprecher Thomas Raabe konnte die Geständnisse gestern nicht bestätigen.

Fritz betonte gegenüber der taz, dass die Soldaten nicht von sich aus ihre Beteiligung an dem abstrusen Fotoshooting gemeldet hätten. Sie hätten ihre Verfehlungen im Rahmen einer Bundeswehr-internen Befragung der infrage kommenden Verbände eingestanden, die in der Bad Segeberger Kaserne vergangenen Freitag begann und bis heute andauert.

Nach Angaben der Beschuldigten hatten sie 2004 bei einer Patrouille nahe Kabul in einer Kiesgrube mehrere Kinder entdeckt, die mit Skelettteilen spielten. Anschließend seien die Fotos entstanden, die vergangene Wochen in mehreren Medien veröffentlicht wurden und deutsche Soldaten zeigen, die mit Totenschädeln posieren. Einer der Soldaten soll kurz nach den Aufnahmen noch versucht haben, das belastende Fotomaterial zu löschen. Dieses sei aber bereits mehrfach kopiert gewesen.

Laut Munzlinger hätten sich die Täter „reumütig und zerknirscht über den Vorfall“ gezeigt. Doch stehe für ihn fest, „dass die Kameraden versagt haben, das Ansehen der Bundeswehr kolossalen Schaden genommen hat und die Gefährdung unserer Truppen unverzeihlich ist“.

Nicht bestätigt hat sich hingegen der Anfangsverdacht gegen zwei Soldaten aus Mecklenburg-Vorpommern, die ebenfalls im Verdacht standen, an den Erinnerungsfotos der besonderen Art beteiligt gewesen zu sein. Am vergangenen Wochenende hatte die Bild-Zeitung bislang unveröffentlichte Fotos gedruckt, die Bundeswehr-Soldaten bei einer nachgestellten Hinrichtungs-Szene mit einem Skelett und einen Totenschädel mit einem aufgesetzten Bundeswehr-Barett zeigen. Insgesamt wird derzeit gegen 20 aktive und ehemalige Soldaten ermittelt. Es geht dabei um drei verschiedenen Serien von Leichenschändungs-Fotos, die nach Ministeriumsangaben in Afghanistan während der Jahre 2003 und 2004 aufgenommen wurden. Behauptungen, es sei auch im Kosovo zu vergleichbaren Leichenschändungen gekommen, wies Ministeriumssprecher Thomas Raabe indes zurück.

Der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs verwahrte sich gestern gegen Vergleiche zwischen den Totenschädel-Bildern und den Folterfotos aus dem irakischen US-Gefängnis Abu Ghraib: Die deutschen Fotos seien „grenzwertig, aber man muss die Kirche im Dorf lassen“, sagte Kahrs.