Der Tag der Arbeit

Von der antikapitalistischen Walpurgisnacht über die Revolutionäre 1.-Mai-Demo bis zum internationalen Tag der Arbeitslosen – 48 Stunden rund um den Tag der Arbeit

Mittwoch, 30. April

Die Antikapitalistische Walpurgisnacht im Wedding

„Allet oder nüscht“, der Auftakt zu den diesjährigen Maifestlichkeiten findet mal wieder im Wedding statt. Unter dem Motto „selbstorganisiert gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung“ wird vor allem gegen die Gentrifizierung protestiert. Die Demonstration läuft in die Dämmerung hinein und führt einmal im Zickzack durch den Arbeiterkiez. Mit zunehmender Dunkelheit steigt der Adrenalinspiegel und wenn die Demo in der Pankstraße endet, dann dürften alle wach genug sein, um in den Mai zu tanzen.

Start: 19 Uhr, U-Bhf. Seestraße

www.haendewegvomwedding.blogsport.eu

Donnerstag, 1. Mai

DGB-Demo in Mitte

Für den traditionellen Demonstrationszug der Gewerkschaften zum Tag der Arbeit wird mit folgendem Slogan geworben: „Gute Arbeit. Soziales Europa“. Ob es sich dabei um eine Forderung handelt oder einfach ein Gleichheitszeichen zwischen den Sätzen vergessen wurde, das ist nicht auf Anhieb ersichtlich. Wer es inhaltlich lieber radikaler mag, für den wird, zum Ausgleich, ein klassenkämpferischer Block angeboten. Die eigentliche Frage ist aber, ob man sich überhaupt in die Demo einreiht. Dieses Event ist nämlich nur für Frühaufsteher geeignet. Die große Masse der Angestellten und Arbeiter dürfte zum Demostart noch im Pyjama neben der Kaffeemaschine stehen und ein Gähnen unterdrücken.

Start: 9.30 Uhr, am Hackeschen Markt

Neukölln Nazifrei

Die NPD hat ihre Demonstration abgesagt. Wir können alle ausschlafen. Offensichtlich waren die Blockaden am Samstag in Kreuzberg nachhaltig erfolgreich. Rund 6000 Menschen hatten etwa 100 Neonazis am U-Bhf Jannowitzbrücke festgesetzt.

Das MyFest in Kreuzberg

„Dieses Mai-Fest ist Dein Fest“, soll die denglische Wortschöpfung MyFest wohl vermitteln. Viele Kreuzberger*innen sehen das etwas differenzierter und haben auf das Massenbesäufnis vor ihrer Tür keinen Bock mehr. Andernseits locken viele gute Bands auf den zahlreichen Open-Air-Bühnen und das alles ohne Eintritt. Das MyFest ist so längst zum überregionalen Partyevent mutiert. Von 11.30 bis 23 Uhr gibt es Programm, ein Cocktailstand folgt dem Nächsten. Der unpolitische Charakter des MyFestes wurde oft themathisiert. Aufrufe an die Anwohner*innen Transparente aus den Fenstern zu hängen, blieben ohne größere Resonanz. Gentrifizierung oder Resignation? Wer weiß? Wie es in Kreuzberg so ist, wird nun auf dem MyFest gegen das MyFest protestiert. Eine nicht angemeldete, aber angekündigte Demo, wird gegen 17 Uhr vom Mariannenplatz aus starten und sich einmal durch die Menschenmassen drängen. Der konstruktive Part der Demo: Sie dient auch als Zubringer für die revolutionäre 18 Uhr Demo.

MyFest: Ab 11.30 Uhr, zwischen Bethaniendamm und Oranienstraße verteilen sich 18 Bühnen, Programm: www.myfest36.de

Die Revolutionäre 1.-Mai-Demo

„Revolte, Widerstand, Aufruhr …“, an jeder Ecke rufen Plakate zu der etwas anderen 1.-Mai-Demonstration auf. Trotz aller Symbolik sind Straßenschlachten, wie es sie früher gab, eher unwahrscheinlich. In den letzten Jahren fiel vor allem die Polizei durch Handgreiflichkeiten auf. In 2013 hielten sich dann auch die Einsatzkräfte zurück und ließen die Demonstration laufen – zur großen Verblüffung der Teilnehmer*innen. Zum ersten mal in der Geschichte der Revolutionären 1.-Mai-Demo in Berlin erreichte diese ihr Ziel. Man kann gespannt sein, ob das dieses Jahr auch gelingt. Immerhin geht es zur Bundesparteizentrale der SPD. Dafür mag es aktuelle politische Gründe geben. Zugleich wird so am Tag der Arbeit aber auch ein Bezug zur Geschichte der Arbeiterbewegung hergestellt. „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten“, der Slogan hat sich seit der Novemberrevolution von 1918 gehalten. Am 1. Mai 2014 wird er in Kreuzberg wohl wieder zu hören sein. Das Großevent der linken Szene bringt alljährlich über 10.000 Teilnehmer*innen auf die Straße.

Auftakt: 18 Uhr, Lausitzer Platz,

Abschluss: Willy-Brandt-Haus, Wilhelmstraße/Ecke Stresemannstraße

Freitag, 2. Mai

Internationaler Tag der Arbeitslosen im Prenzlauer Berg

„Wir haben Zeit!“, einen Tag nach dem 1. Mai findet eine Demonstration von und für Arbeitslose statt. Der Arbeitslosenkampftag wird, so heißt es, seit 10 Jahren begangen. Und der Aufruf, den ein Strandkorb ziert, sei trotz aller humoristischen Anflüge ernst gemeint. Mit der Losung: „Wir sind nicht alle, es fehlen die, die arbeiten!“, soll zum Beispiel der Opfer der Erwerbsarbeit gedacht werden. Immerhin zwei Millionen Menschen würden jedes Jahr durch Arbeit krank werden. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird gefordert, damit Hungerlöhne nicht mehr möglich seien und jeder der arbeiten möchte auch arbeiten kann. Offensichtlich hat man zudem das „Das Recht auf Faulheit“ von Paul Lafargue gelesen. Der kritisierte 1880 die bürgerliche Arbeitsmoral ebenso wie die Arbeiterbewegung, die von der „seltsamen Sucht“, der „Arbeitssucht“, beherrscht sei. Und so heißt es in dem Aufruf zum 2. Mai weiter: „Wir sehen nicht herab auf die Arbeitenden. Wir schätzen gute Musik, gutes Essen, kühle oder heiße Getränke und wir wissen, dass für viele Grundbedürfnisse Arbeit unvermeidlich ist. Aber sie soll ihren Gestank von Mühsal und Sklaverei verlieren.“

Start: 13 Uhr, Senefelderplatz

JAL