Speed hilft auch nichts

Das 0:0 zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 ist für die Hannoveraner eine Bestätigung der gefestigten Grundstruktur. Für den HSV aber ist das Remis ein Beleg für den Mangel an Spielideen

HSV-Trainer Doll wurmte, dass „Hannover mehr Ballkontakte hatte“

von Oke Göttlich

Der Pfleger des Hamburger Tierparks Hagenbeck scheint es geahnt zu haben. „Ailton“ taufte er das neugeborene Tapirbaby in Vorwegnahme der sich fortsetzenden Ladehemmung des Hamburger SV beim 0:0 gegen Hannover 96. Zwar seien eher die Merkmale klein und rund ausschlaggebend für die Namenswahl des Tapirs gewesen, doch kommt man kaum drum herum, hier einen Zusammenhang zu konstruieren. Einen, der sich nicht allein auf die neuen Stürmer des HSV bezieht, sondern allgemein auf den Mangel an erfolgreichem Spektakel im HSV-Spiel. Mit Ailton verließ die Hamburger auch die Euphorie.

Auch gegen Hannover 96 fiel es dem Team von Trainer Thomas Doll schwer, sich spielerisch vom mentalen Ballast der vergangenen Monate zu befreien. Die erste Halbzeit war geprägt von Abstimmungsproblemen in der Defensive und spielerisch wenig ermutigendem Fernpassfußball. Angefressen gab Trainer Doll später zu, überhaupt nicht zufrieden zu sein. „Wir hatten uns heute viel vorgenommen, aber dann den Ball zu wenig zirkulieren lassen und uns zu wenige Möglichkeiten erspielt.“

Die Möglichkeiten ergaben sich vereinzelt in der zweiten Hälfte des Spiels als der HSV „Speed reingekriegt“ hat, wie es Thomas Doll seinem Team nach der schlechten ersten Halbzeit in der Kabine energisch nahe legte. Zeitweise, sofern der Ball sich mal im Mittelfeld aufhielt, konnte man starke spielerische Ansätze zwischen Juan-Pablo Sorin, Piotr Trochowski und Rafael van der Vaart erkennen. Eindrücke, die zeigten, auf welchem Niveau ein eingespieltes Team agieren könnte.

In diese Zeit fielen auch die aussichtsreichsten Chancen des HSV: Boubacar Sanogo und Paolo Guerrero erspielten sich Möglichkeiten. Einen Mangel an Effizienz wollte Thomas Doll seinen Stürmern nicht bescheinigen, viel mehr wurmte ihn, dass „Hannover einfach viel mehr Ballkontakte hatte“. Hamburgs Kapitän Rafael van der Vaart erstickte jede Stürmerdiskussion im Keim: „Wir haben ein Tor- und kein Sturmproblem, wir treffen zu wenig – und zwar alle.“

Dass dem Hamburger SV dies nicht gelang, nahmen die 96er als Erfolg für sich in Anspruch. Trainer Dieter Hecking war zufrieden: „Für mich als Trainer haben in diesem Spiel nur die Tore gefehlt. Wir haben heute ein gutes Auswärtsspiel abgeliefert, uns nicht nur hinten reingestellt, sondern auch nach vorne gute Aktionen gebracht. Meine Mannschaft hatte in diesem Spiel eine hohe Ballkontrolle und hat sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.“

Tatsächlich konnte man dem nach wie vor auf einem Abstiegsplatz rangierenden Team eine gefestigte organisatorische Grundstruktur attestieren. Vor allem in der Defensive überzeugte das Innenverteidiger-Duo Vinicius und Dariusz Zuraw ein weiteres Mal. „Die beiden spielen schon seit Wochen gut und harmonieren großartig“, lobte Michael Tarnat. Wie die beiden Innenverteidiger habe das ganze Team mit breiter Brust gespielt, unterstrich der Kapitän der 96er, außerdem sei es gut für das Selbstvertrauen einen Punkt in Hamburg zu holen.

Für Hannover erfordert die Fortsetzung der Serie nicht verlorener Spiele nun aber dringlich ein vollständiges Erfolgserlebnis im kommenden Heimspiel gegen Bochum, um sich von den untersten Tabellenregionen zu distanzieren. Für Dieter Hecking fehlt es dazu nur noch an einem: „Wir müssen jetzt die Geilheit haben, Tore zu schießen um uns in den Armen zu liegen.“ Die hätte Thomas Doll sicher auch gerne, zum Beispiel am Mittwoch in der Champions-League gegen Porto.