Solidaritätsmarsch in Madrid für die Westsahara

SPANIEN Zehntausende protestieren gegen die Besetzung durch Marokko. Parolen immer radikaler

MADRID taz | Immer mehr Sahrauis sind mit ihrer Geduld am Ende. „Wir wollen Krieg!“, skandierte ein größere Gruppe junger Sahrauis auf der spanienweiten Solidaritätsdemonstration mit der besetzten Westsahara. Zehntausende waren am Samstag zum Marsch durch das Zentrum Madrids gekommen, um gegen die brutale Räumung eines Protestcamps in Laâyoune, der Hauptstadt der seit 35 Jahren von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara, zu protestieren. Bei der Räumung des Camps, mit dem 20.000 Sahrauis für bessere soziale Bedingungen eintraten, den anschließenden Protesten und Razzien sollen nach unbestätigten Berichten mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen sein.

Der Marsch durch Madrid wurde von einem breiten Bündnis aus Parteien und Gewerkschaften unterstützt. Auf der Abschlusskundgebung verlangten namhafte Künstler das Ende der Besetzung und forderten von der internationalen Gemeinschaft ein Aufklärung des Geschehens. Der Text wurde vom spanischen Hollywoodschauspieler Javier Bardem verlesen.

Als der Präsident des sahrauischen Exilparlaments und Chefunterhändler der Befreiungsbewegung Polisario, Jatri Aduh, das Mikrofon ergreifen wollte, kam es zum Eklat. Mehrere sahrauische Jugendliche stürmten das Podium und rissen das Mikro an sich. „Sie schlachten uns ab, und ihr schaut zu“, schrien sie wütend. Scharf kritisierten sie, dass die Polisario trotz der Geschehnisse von Laâyoune weiter mit Marokko verhandelt. Auch in den sahrauischen Flüchtlingscamps im algerischen Tindouf forderten hunderte von Sahrauis nach Medienberichten am Wochenende ein Ende des seit 1991 gültigen Waffenstillstandes zwischen der Polisario und Marokko und eine Wiederaufnahme des Befreiungskrieges.

Marokko hielt an seiner Haltung fest und wies am Wochenende weitere internationale Beobachter aus. Einem spanischen Korrespondenten in Rabat wurde die Akkreditierung entzogen, mehrere Sonderberichterstatter wurden am Flug nach Laâyoune gehindert, die Bundestagsabgeordnete der Linken, Sevim Dagdelen, wurde zum Rückflug nach Berlin gezwungen.

Am Montag reist Bundesaußenminister Guido Westerwelle nach Marokko, um sich mit seinem dortigen Amtskollegen zu treffen. REINER WANDLER