Lumumbas Erben gegen die „Bananenrepublik Kongo“

KONGO General Munene, letzter Rebellenführer der 60er Jahre, taucht neu auf und bläst zum Aufstand

BERLIN taz | General Faustin Munene ist in der Demokratischen Republik Kongo ein lebendes Denkmal. Er symbolisiert das Erbe jener Rebellen der 1960er Jahre, die nach der Ermordung des Befreiungshelden Patrice Lumumba jahrelang gegen die Mobutu-Diktatur kämpften. Munenes Onkel Pierre Mulele führte den größten Buschkrieg jener Zeit, in der Provinz Bandundu östlich der Hauptstadt Kinshasa, wo Lumumba bis heute verehrt wird. Jetzt stellt sich der mittlerweile sehr alte General Munene an die Spitze einer neuen Bewegung, die Kongos Präsident Joseph Kabila stürzen will.

„Wir, die wahren Töchter und Söhne des Kongo“, so beginnt Munenes „feierliche Botschaft an das kongolesische Volk“ vom 10. November, „richten einen flammenden Appell an unsere Bevölkerungen und insbesondere an die Jugend.“ Kongo sei zur „Bananenrepublik“ verkommen, und man gebe jetzt bekannt, dass bereits am 4. Januar 2010 „irgendwo in der Demokratischen Republik Kongo“ die „Armee des Volkswiderstandes“ (ARP) entstanden sei, um „den Kongo von seiner aktuellen Krise zu befreien“ und „die volksfeindlichen Kräfte aus unserem Territorium zu jagen“. Das Militär wird aufgerufen, sich der ARP anzuschließen, die bereits „konkret und verantwortungsvoll“ aktiv sei.

Munene ist durchaus ernst zu nehmen. Er verbrachte Jahrzehnte im Exil in Angola und war maßgeblich an Angolas Militärintervention im damaligen Zaire 1997 beteiligt, als Angola samt seinen Exilkongolesen den Rebellen Laurent-Désiré Kabilas, die mit Unterstützung Ruandas aus dem Osten im Anmarsch waren, entscheidende Schützenhilfe beim Vormarsch auf Kinshasa und beim Sturz der Mobutu-Diktator lieferte. Nach Kabilas Sieg wurde Munene Vize-Innenminister und später Armeechef. Laurent-Désiré Kabilas Sohn und Nachfolger Joseph Kabila degradierte ihn zum Leiter einer Stiftung. Ende September wurde sein Haus in Kinshasa von Unbekannten verwüstet; am 12. Oktober verkündete Kongos Regierung die Verhaftung Munenes, nur um zwei Tage später zu erklären, sein Aufenthaltsort sei unbekannt. Seitdem wurde spekuliert, der General sei tot oder erneut in Angola.

Was wirklich hinter der ARP steckt, ist unklar. Als ein Chefpropagandist Munenes im Ausland tritt der in Oslo und London lebende Professor Julien Ciakudia auf, der schon mehrfach versuchte, „patriotische“ Aufstände gegen den als Ruander verschrienen Kabila heraufzubeschwören. Unterstützt wird all dies vor allem von einem der gefürchtetsten Exilpolitiker des Landes, Honoré Ngbanda, einst Chef des brutalen Mobutu-Geheimdienstes „Snip“ und heute im Pariser Exil. Ngbandas „Allianz der Patrioten für die Neugründung des Kongo“ (Apareco) verbreitet jetzt Munenes Aufruf ebenso wie Sympathisanten der ruandischen Hutu-Milizen im Ostkongo. All diese Kräfte vereint ein Hass auf Ruandas Präsident Paul Kagame, die Tutsi im Allgemeinen sowie Kongos Präsident Joseph Kabila, der als Ausverkäufer des Kongo verdammt wird.

Unabhängig davon mehren sich dieses Jahr Konflikte im bislang friedlichen Westteil des Kongo. Zu Jahresbeginn besetzten Rebellen Teile der Mobutu-Heimatprovinz Equateur. Im Oktober wurde Kikwit, einstige Mulele-Hochburg in Bandundu, zum Fokus bewaffneter Auseinandersetzungen. Beide diese Vorfälle reklamiert Munenes ARP für sich.

DOMINIC JOHNSON