Ah Tao geht einkaufen. Die Angestellten eines Lebensmittelladens kennen sie schon, begrüßen sie freundlich, warten geduldig, während die alte Frau eine Katze begrüßt und sich etwas umständlich ihre Brille aufsetzt. Erst als sie die Tür hinter sich geschlossen hat, um im Kühlhaus des Geschäfts die Knoblauchzehen zu inspizieren, brechen sie in prustendes Lachen aus über ihre schrullige Stammkundin. Ein besonderer Film ist Ann Huis „Tao Jie – Ein einfaches Leben“ wegen solcher genau beobachteter Szenen. Wegen der Aufmerksamkeit, die er den Details schenkt, die in anderen Filmen den großen Dramen geopfert werden: den flüchtigen Blickwechseln zwischen Fremden und vagen Bekannten, den kleinen Begegnungen, die das Leben in der Großstadt mit sich bringt, den unzähligen kleinen Wegen, die im Alltag wieder und wieder abgeschritten werden, denen für gewöhnlich kein Eigenwert beigemessen wird, nicht im echten Leben, schon gar nicht im Erzählkino, das nur so schnell wie möglich von A nach B gelangen will – Ann Huis Film wartet dagegen geduldig auf Ah Tao, wenn sie nach dem Einkauf langsam die Treppen zu ihrer Wohnung erklimmt. FSK