Fernes Finnland

Allemagne 5,5 points: Neben den USA und Russland rutscht auch Deutschland im Pressefreiheits-Ranking von Reporter ohne Grenzen ab

VON STEFFEN GRIMBERG

Und wo bleiben die guten Nachrichten? Hier: Finnland, Irland, Island und die Niederlande rangieren auch 2006 gemeinsam auf Platz 1 im weltweiten Index der Pressefreiheit, den die Organisation Reporter ohne Grenzen (RoG) heute veröffentlicht. „Meldungen über Zensur, Bedrohungen, Einschüchterungsversuche oder Repressalien“ von JournalistInnen aus diesen Ländern, so RoG, „liegen nicht vor.“

Für Deutschland sieht das anders aus: In Sachen Pressefreiheit ist die BRD vom 18. auf den 23. Platz abgerutscht. Damit liegt sie hinter den meisten EU-Staaten und ist auch schwächer als Bolivien, Bosnien und Herzegowina und Trinidad und Tobago. Hier schlägt wie erwartet die über zehn Jahre währende Bespitzelung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst zu Buche, der so undichte Stellen in den eigenen Reihen finden wollte. Im „Fall Cicero“ durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft die Redaktionsräume und die Wohnung eines Mitarbeiters der Zeitschrift. Die entsprechenden Verfahren wegen „Beihilfe zum Geheimnisverrat“ sind inzwischen eingestellt, bei der BND-Affäre gibt es dagegen bis heute keine juristischen Konsequenzen. Außerdem moniert RoG, dass in Deutschland der Zugang zu amtlichen Daten „trotz Verabschiedung des Informationsfreiheitsgesetzes zum Teil immer noch erschwert“ sei.

Auch in den USA hat sich die Lage weiter verschlechtert: Beim ersten RoG-Ranking in 2002 erreichten die USA Platz 17, 2006 sind sie auf Platz 44 zurückgefallen. „Die Beziehungen zwischen den Medien und der Bush-Administration haben sich massiv verschlechtert“, so RoG, da dem Präsidenten „jeder Journalist verdächtig“ sei, „der den Anti-Terror-Krieg kritisch hinterfragt“. In mindestens 17 Bundesstaaten werde der Quellenschutz abgelehnt und treffe auch diejenigen, deren Recherchen nichts mit Terrorismus zu tun haben.

Noch weiter hinten liegen die USA bei den separat ausgewiesenen Werten für Bedingungen von Pressefreiheit außerhalb ihres eigentlichen Staatsgebiets. Hier belegen sie mit Platz 118 klar einen der hinteren Ränge, da der Rechtsstaat USA hier sogar Medienmitarbeiter illegal festhält – wie den aus dem Sudan stammenden Al-Dschasira-Kameramann Sami al-Haj (seit 2002 in Guantanamo Bay) und den seit April von US-Truppen im Irak festgesetzten Associated-Press-Fotografen Bilal Hussein.

Erfreulich dagegen sei, dass Jahr für Jahr „neue Länder aus ärmeren Regionen aufsteigen und Plätze vor einigen europäischen Ländern oder den USA einnehmen“, so RoG, „dies zeigt, dass auch ärmere Staaten das Recht auf Information achten können.“ Die Aushöhlung der Pressefreiheit in den USA, in Frankreich und in Japan sei dagegen alarmierend. Auch in Frankreich nähmen Redaktions- und Hausdurchsuchungen weiter zu. In Japan bedrohten zunehmender Nationalismus und das System der exklusiven Presseclubs, die den Zugang zu Politikern kontrollieren, die demokratischen Standards.

Wegen der Bedrohung von Journalisten nach Veröffentlichung der sogenannten Mohammed-Karikaturen im Herbst 2005 verlor Dänemark (19.) seinen ersten Platz. Und auch Russland ist weiter nach hinten gefallen – Rang 147 von 168 registrierten Ländern. Dabei ist der jüngste Mord, an der Journalistin Anna Politkowskaja, noch gar nicht berücksichtigt. RoG schließt die jährliche Indexliste traditionell Ende August. Weitere Infos:www.reporter-ohne-grenzen.de