Ein Leben wie im Politthriller

Neuer Regierungschef des Irak wird Ajad Allawi nicht werden. Aber sein säkulares Bündnis al-Irakija, das die Parlamentswahlen vom 7. März knapp gewonnen hatte, soll in die Regierungsverantwortung mit eingebunden werden. Ihm selbst wurde der Vorsitz des neuen nationalen Sicherheitsrats angeboten.

Regierungserfahrung hat Allawi bereits. 2004 war er ein Jahr lang Ministerpräsident der Übergangsregierung. In seiner Antrittsrede setzte er sich für die Aussöhnung zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden ein. Doch seine einjährige Amtszeit war von einer starken Zunahme der Gewalt geprägt. Allawi gründete einen Inlandsgeheimdienst, führte die Todesstrafe wieder ein und befahl den Angriff auf Falludscha, eine Stadt westlich von Bagdad, die als Hochburg des bewaffneten Widerstands galt. Die Operation von US-Marines und irakischen Soldaten forderte über tausend Tote. Für diese Bilanz wurde er auch „Saddam ohne Schnurrbart“ genannt.

Allawi, der Mitte der Vierziger Jahre in Bagdad geboren wurde, war in seinen jungen Jahren Mitglied der Baath-Partei. Nach ihrer Machtübernahme überwarf er sich mit Saddam Hussein und ging nach London ins Exil, wo er seine Ausbildung als Gehirnchirurg abschloss.

Seine Vita in den nächsten Jahrzehnten liest teils sich wie ein Politthriller. Allawi überlebte zwei Anschläge, war in einen gescheiterten Militärputsch verwickelt und gründete ein Oppositionsbündnis, das vom amerikanischen und britischen Geheimdienst unterstützt wurde. Nach dem Sturz Saddams kehrte er in den Irak zurück, verbrachte aber die letzten Jahre meist im Ausland. Aus alten Zeiten hat Allawi einen guten Freund behalten. Die US-Regierung hat ihren Einfluss in Bagdad geltend gemacht, damit al-Irakija bei der Regierungsbildung nicht ganz außen vor bleibt. BEATE SEEL