Zugang verhindert

CASTOR-PROTESTE Polizei lässt Medienvertreter nicht durch und verlangt Zusatzakkreditierungen

„Die Akkreditierung erfolgt auf freiwilliger Basis und ist keine Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Medienrechten im Einsatzraum“ steht auf dem Akkreditierungsantrag, den die Polizei vor dem Castor-Einsatz an Journalisten verteilte. Sinn der Sache: Um während des Großeinsatzes Journalisten schnellen Zugang zu ermöglichen, wollte die Polizei vorher deren Daten und Berufsnachweise zur Überprüfung haben. Doch was angeblich ein besonderer Service sein sollte, hat faktisch die Berichterstattung erschwert.

Denn wer keine Akkreditierungskarte hatte, wurde bei den Protesten rund um Gorleben oft bei seiner Arbeit behindert. Auch taz-Redakteuren, die keinen Antrag gestellt hatten, wurde am Wochenende wiederholt der Zugang zu Blockadeaktionen verweigert. Die Beamten akzeptierten die normalen Presseausweise nicht, sondern verlangten die Zusatzakkreditierung.

Nur mit Umhängekärtchen

Über 800 Journalisten waren im Wendland am Wochenende mit dem polizeilichen Umhängekärtchen im Einsatz. Auch andere Journalisten berichteten davon, dass ihnen ohne die Polizeiakkreditierung der Zugang verwehrt wurde. Zahlreiche Journalisten hatten sich aber bewusst nicht akkreditieren lassen, weil sie in der Maßnahme eine unnötige Gängelung und die Einschränkung von Pressefreiheitsrechten sahen, die der offizielle Presseausweis der Berufsverbände bereits gewährleisten soll.

Tatsächlich hatte die Polizei im Vorfeld der Proteste angekündigt, dass Medienvertreter ohne Anmeldung damit rechnen müssten, „dass im Einzelfall zur Überprüfung der Presseausweise ein Polizeisprecherteam von den Einsatzbeamten gerufen wird und hierdurch unter Umständen Wartezeiten entstehen“ – eine Begründung, die im Ernstfall nachvollziehbar sein kann.

Die Polizei argumentiert mit der Vielzahl von Presseausweisen, die die Einsatzbeamten vor Ort nicht mehr unterscheiden könnten. Tatsächlich aber fand am Wochenende oft gar keine Überprüfung der Presseausweise mehr statt. Zugangsrechte wurden pauschal mit dem Hinweis auf mangelnde Akkreditierung verweigert.

Vielfalt der Presseausweise

„Das darf eigentlich nicht sein. Wir bemühen uns, allen Beamten vor Ort klarzumachen, dass die Wahrnehmung der Medienrechte unabhängig von der Akkreditierung gewährleistet werden muss“, sagt ein Polizeisprecher der taz. Bei der Vielfalt der Presseausweise sei es den Beamten vor Ort allerdings nicht zuzumuten, jeden Ausweis einzeln zu prüfen.

Die Lüneburger Einsatzleitung hatte ihre Vorgehen damit begründet, dass es keine gesetzliche Regelung der Ausstellung von Presseausweisen mehr gebe, seitdem die Innenministerkonferenz die Presseausweise der Journalisten- und Verlegerverbände nicht mehr wie bis vor zwei Jahren üblich autorisiert.

Während es bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen oder begrenzten Gebieten – wie etwa beim G-8-Gipfel in Heiligendamm – längst üblich ist, dass gesonderte Akkreditierungen verlangt werden, ist die flächendeckende Akkreditierung für eine ganze Region ein relatives Novum. Sie wurde erstmals beim Castor-Transport 2008 eingeführt und war schon seinerzeit auf scharfe Kritik der Presseverbände gestoßen. Diese sahen in der Massenakkreditierung die Errichtung eines neuen Graubereichs, der die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit einschränken könne.

Von den über 800 Personen, die beim diesjährigen Castor-Transport eine Akkreditierung beantragt hatten, wurden nach Angaben der Polizei zehn Antragstellern die Akkreditierung verweigert – neun von ihnen, weil angeblich der Nachweis der journalistischen Tätigkeit nicht erbracht worden war.

MARTIN KAUL, KAI VON APPEN