Kampf der Generationen

FACEBOOK Neue Medien bringen immer Unruhe. Doch die Diskussionen sind es wert, geführt zu werden

VON KASPAR ZUCKER

Wir sind zu verschieden. Verschiedene Lager. Verschiedene Generationen. Nicht vereinbar. So dachten Ende der 70er Jahre auch einige aus den linken Bewegungen. Sie waren die alten Debatten leid, wollten neue führen.

Irgendwie hat es geklappt, sich zu organisieren. Am Ende kamen dabei die Grünen und die taz heraus. Doch schon den Namen „taz, die tageszeitung“ fanden viele zu brav. Als dann 1984 die Medienseite in der taz eingeführt werden sollte, tobte beinah ein Kulturkampf. Fernsehen sei das Allerletzte, ein stumpfes Massenphänomen, reiche nur zur Verblödung.

Mitterweile wurde das Fernsehen vom Internet abgelöst. Die Vorwürfe sind ähnlich: Facebook trägt auch zur Verblödung bei. Daher kam es auch zu Diskussionen, ob die taz auf Facebook überhaupt ein Profil haben sollte. Noch heute gibt es einige KollegInnen, die dagegen sind.

Soziale Netzwerke sind ein gesellschaftliches Phänomen und Teil des digitalen Zeitalters. Sie gehören für die meisten Menschen dazu – wie eine E-Mail-Adresse und ein Telefon.

Für die taz bringt die Präsenz neben 10 bis 20 Prozent Zugriffen auf unsere Website auch die Möglichkeit der direkten Kommunikation mit den Leserinnen und Lesern. Wir erreichen auf diesem Weg mehr Menschen, die dabei helfen können, unabhängigen Journalismus und die Zukunft der taz zu sichern.

Fans, Hipster. Liken, folgen. Nerds, Skater. Klickzahlen, Profil. Emo, Facebook-Freunde. Neue Worte, neue Codes. Früher gab es Tramperaufkleber auf Autos und Linke erkannten man an ihren Cordhosen und Atomkraft-nein-danke-Logos. Sie organisierten sich über Telefonketten, Flugblätter und Plakate. Heute sind die Codes vielschichtiger. Ein Neonazi kann aussehen wie ein Hipster. Kiffer gibt es überall. Und die Welt kann sich vermeintlich mit einem Mausklick verändern.

Die digitale Welt birgt große Chancen. Wir können uns organisieren – und zwar schnell. Das hat Vor- und Nachteile. An einem Facebook-Profil kann ich einiges erkennen. „Du unterstützt die gleiche Organisation wie ich? Wir haben sogar eine gemeinsame Freundin? Mir gefällt dein Beitrag zur letzten Demo?“

Die junge Generation soll mittlerweile woanders kommunizieren, weil auf Facebook auch die Eltern vertreten sind. Facebook muss man nicht mögen. Man soll es auch kritisieren. Das macht die taz-Redaktion immer wieder. Zu den wichtigsten Aufgaben der Zukunft gehört ein bewusster, informierter und intelligenter Umgang mit persönlichen Bekenntnissen und die Filterung von Informationen: lesen, was mich interessiert.

Man darf nicht vergessen: Soziale Netzwerke sind Teil von gesellschaftlicher Kommunikation geworden. Wir müssen weiterhin lernen, sie für unsere Botschaften zu nutzen. Als wir ein Vorstandsmitglied der jungen AfD als rassistischen Burschenschaftler geoutet haben, erreichten wir auf Facebook mit dieser Nachricht über 100.000 NutzerInnen. Als wir eine Recherche des BUND über Plastikkügelchen in Kosmetikprodukten und Zahnpasta verbreiteten, wurde dieser Beitrag über 26.000-mal geteilt. Das heißt, dass all die Freunde dieser Personen potentiell auf diesen Beitrag hingewiesen wurden. Im Februar schickte uns ein Leser aus Bonn eine Holzente mit taz-Papier geschmückt, weil er uns ständig online liest, aber nichts an uns zahlt. Er bedankte sich und wünschte uns ein langes Leben. Die Freude über derartiges Feedback konnten wir mit über 30.000 Fans auf Facebook teilen, indem wir auf den Hausblog und ein Foto der Ente verlinkten.

Ja, wir sind verschieden und oft nicht vereinbar. Aber wir sind die Debatten nicht leid.

■ Petra Dorn und Kaspar Zucker betreuen die taz.kommune