Herzschmerzen kommen vor Gericht

Erstmals werden vor dem Landgericht Klagen von Patienten verhandelt, die mit dem umstrittenen Schmerzmittel Vioxx behandelt wurden. Laut ihrem Anwalt ist dies der Auftakt einer bundesweiten Prozesswelle gegen den Hersteller

Das Berliner Landgericht verhandelt ab heute zwei Klagen zu dem umstrittenen Schmerzmittel Vioxx, das 2004 vom Markt genommen wurde. Im ersten Fall verlangt die Klägerin laut Gericht Schmerzensgeld von der Firma MSD Sharp & Dohme, der deutschen Tochter des US-amerikanischen Konzerns Merck & Co. Die Frau sei über längere Zeit mit dem Medikament behandelt worden. Sie habe in ihrer Klage geltend gemacht, von der längeren Einnahme des Mittels Herzbeschwerden bekommen zu haben. Eine Schmerzensgeldsumme wurde zunächst nicht genannt.

Im zweiten verhandelten Fall will ein Kläger einen Anspruch auf Auskunft erstreiten. Die Firma mit Sitz in Haar bei München solle Wirkungen, Neben- und Wechselwirkungen von Vioxx und diesbezügliche Verdachtsfälle mitteilen, soweit Herzinfarkte betroffen sind. Er sei nach einer Erkrankung mit dem Medikament behandelt worden und habe daraufhin Herzschmerzen erlitten, hieß es. Das Unternehmen habe einen Zusammenhang zwischen der Einnahme des Mittels und Herzproblemen allerdings zurückgewiesen. Laut Gericht ist offen, wann eine Entscheidung fällt.

Rechtsanwalt Andreas Schulz sagte gestern, die Fälle seien nur der Anfang. Ein Anwaltsteam habe rund 200 weitere Klagen vorbereitet, sie sollen in Kürze deutschlandweit an Gerichten eingereicht werden. Schulz sprach von einem „höchst kontroversen Thema“. Bislang gebe es in Deutschland dazu keine Referenzurteile. Es werde sich zeigen, ob das neue Arzneimittelgesetz Beweiserleichterungen für die Kläger bringe.

Der Pharmakonzern Merck hatte Vioxx im Jahr 2004 vom Markt genommen. Die Tochterfirma MSD, die nichts mit der unabhängigen Merck Darmstadt zu tun hat, gab die Zulassung zurück. Eine Studie hatte zuvor gezeigt, dass das Präparat nach einer längeren Einnahme Herzinfarkte, Thrombosen und Schlaganfälle verursachen kann.

Eine erste Haftungsklage in Deutschland wegen des Schmerzmittels Vioxx des US-Herstellers Merck war im März dieses Jahres gegen die deutsche Tochter MSD beim Landgericht Neuruppin eingereicht worden. Die Entscheidung steht noch aus. In den USA beschäftigt Vioxx bereits seit längerem die Gerichte. Dort hatten auch mehrere deutsche Vioxx-Patienten Klagen eingereicht. DPA