Christian Buss Der Wochenendkrimi
: Abschied vom Grauen Ost

Die Ortsnamen klangen stets heiter, aber meist offenbarte sich dahinter dann doch nur das Grauen Ost. Ob Kommissarin Johanna Herz (Imogen Kogge) nun in Mittwitz oder Stolzow ermittelte – die Leute dort hatten nur eines im Sinn: weg hier! Nun stiehlt sich Herz selbst fort aus der Brandenburger Tristesse – zur Tochter nach Spanien.

Wer kann es ihr verdenken? Schließlich war ihr ja über acht Jahre und zwölf Folgen so ziemlich alles abhanden gekommen: das Kind, der Mann, die Gegenwart. Nur einer wich nicht von ihr: Polizeihauptmeister Krause (Horst Krause) mit ewig überm Bauch spannender Uniform. So richtig veredeln konnte er ihr Leben aber auch nicht. In vielen Episoden des RBB-„Polizeirufs“ trifft Herz deshalb auf die eigene, schillernde Vergangenheit.

So auch in dieser Abschiedsfolge, in der sie bei Ermittlungen in einer Polizeischule einer Liebschaft aus der Wendezeit wiederbegegnet: Ausbilder Martin Becker (Ex-„Balko“ Jochen Horst) gerät allerdings schnell ins Zwielicht, hatte er doch eine Affäre mit jener Schülerin, die plötzlich spurlos verschwunden ist. Der eigentliche Fall kommt gegen so viel Vergangenheitsbewältigung nicht an.

Die abgetauchte Polizeianwärterin (Katharina Schüttler) leidet offensichtlich unterm Borderline-Syndrom, doch leider wird in „Die Frau im Spiegel“ (Regie: Ed Herzog; Buch: Annette Hess) aus dem Befund nichts gemacht – schon weil die Hauptperson die meiste Zeit gar nicht in der Handlung vorkommt. Bis auf einen Perückenauftritt, der dem Pathologiefilmer Brian De Palma würdig ist, passiert wenig.

Ganz zum Schluss hat man noch mal extrem zugespitzt, quasi als Knallende-Tür-Effekt für die abdampfende Ermittlerin Herz, die mit militärischem Gruß vom alten Krause verabschiedet wird. Ab Januar rollt der ewige Sidekick mit Maria Simon durch Brandenburg. Hoffentlich gönnt der RBB der Neuen ein bisschen mehr Gegenwart.

Brandenburg-„Polizeiruf 110“: „Fremde im Spiegel“; So., 20.15 Uhr, ARD