Anschlag in Sri Lanka

Selbstmordanschlag fordert über 100 Tote. Deutschland friert Hilfe bis zur Aufnahme neuer Friedensgespräche ein

BERLIN taz ■ Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Marinekonvoi sind gestern in Sri Lanka mindestens 100 Menschen getötet worden. Der Anschlag, für den seitens des sri-lankischen Militärs die Rebellenorganisation Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) verantwortlich gemacht wird, ereignete sich in der Nähe der Stadt Habarana in der Mitte der Insel. Von dort aus brechen regelmäßig Soldaten zum Marinestützpunkt Trincomalee im Osten auf. Nach Polizeiangaben raste ein mit Sprengstoff beladener Laster in den Konvoi, der aus 24 Bussen bestand. Der Konvoi hatte zur Zeit des Anschlags angehalten, und viele Soldaten waren ausgestiegen. Da sich in der Nähe des Haltepunkts viele Geschäfte befanden, waren auch Zivilisten unter den Opfern.

Der Anschlag ereignete sich einen Tag nachdem die sri-lankische Marine einen Frachter versenkt hatte, der nach Militärangaben Waffen für die Rebellen schmuggeln wollte. In der vergangenen Woche hatten sich Armee und LTTE die schwersten Kämpfe seit dem Waffenstillstandsabkommen von 2002 geliefert. Auf beiden Seiten gab es Dutzende Tote und Verletzte.

Gleichzeitig signalisieren Regierung und LTTE seit Wochen wieder Gesprächsbereitschaft. Beide Seiten wollen sich nächste Woche in Genf zu neuen Verhandlungen treffen. Internationale Vermittler bereiten das Treffen derzeit in Colombo vor.

Zusätzlichen Druck für eine Einigung baut auch die Bundesregierung auf. Berlin hat zugesagte Finanzhilfen von mehr als 38 Millionen Euro eingefroren. Die Gelder sollen erst nach Wiederaufnahme des Friedensprozesses wieder freigegeben werden. Solange die Kämpfe unvermindert vorangetrieben würden, seien neue finanzielle Zusagen für Entwicklungsprogramme nicht sinnvoll, so Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) am Freitag.

Ein Sprecher der internationalen Beobachtermission forderte ebenfalls beide Seiten auf, ihre Zusagen einzuhalten. Der brutale Angriff sei eine ernsthafte Bedrohung für den Friedensprozess, sagte er.

Mehr als Appelle dieser Art können die Beobachter derzeit nicht leisten. Offiziell aus Sicherheitsgründen verwehrt ihnen die Regierung die Einreise in umkämpfte Gebiete. Außerdem wurde im August mehr als die Hälfte der Beobachter nach Hause geschickt. Die LTTE akzeptiert keine EU-Mitglieder der Mission mehr, seit sie in Brüssel als Terrororganisation eingestuft wurde. ANETT KELLER