Nicholas McGegan, Festspielleiter
: Der Vielseitige

■ 60, studierte in Cambridge und Oxford und hat unter anderem eine Honorarprofessur in Göttingen inne. Foto: dpa

Er ist fröhlich und lebhaft; das Erbsenzählen liegt ihm nicht. Da würde man nicht vermuten, dass Nicholas McGegan ausgerechnet Barockmusik dirigiert, die doch als eher dröge gilt. Aber genau das tut er: Schon seit über 20 Jahren leitet er das Philharmonia Baroque Orchestra von San Francisco, seit 1991 auch die Göttinger Händel-Festspiele. In seinen Proben wird viel gelacht; Machtkämpfe sind selten – und das, obwohl Barock-Orchester zu 100 Prozent aus selbstbewussten Spezialisten Alter Musik bestehen. Aber McGegan ist kollegial, und das hilft ihm: „Ich freue mich über jeden Vorschlag der Musiker; dafür akzeptieren sie meine Interpretation“, sagt er.

Schon als junger Mann hat sich der Brite mit Zweitwohnsitz in den USA Alter Musik gewidmet – damals noch als Flötist und Cembalist. Doch dann gefiel ihm das Dirigieren besser, und er verschob den Fokus. Seither gastiert er bei Orchestern in aller Welt und ist dabei durchaus flexibel: McGegan ist einer der wenigen Barock-Spezialisten, die auch Musik anderer Epochen dirigieren – die Wiener Klassik etwa.

Das heißt aber nicht, dass ihm Barock zu eintönig geworden wäre, im Gegenteil: „Barock ist oft sogar schwieriger, weil die Komponisten weniger Vorgaben machen. Man muss alle Verzierungen und Tempi selbst gestalten“, hat er einmal gesagt.

Abgesehen davon sei die vermeintliche Leichtigkeit von Barockmusik ein Klischee. Bach zum Beispiel sei hoch kompliziert – und dann seien da noch die wunderbar absurden Plots etwa Händel’scher Barock-Opern. Die liegen McGegan besonders. Da fühlt er sich aufgehoben – er, der gern lacht und niemals in Ehrfurcht vor irgendeinem Komponisten versinken würde. Er schätze seine Materie, gewiss, sagt er. Aber ein bisschen Distanz müsse schon sein.

Seine Art kommt gut an: Abgesehen von seinen Gastdirigaten hat er etliche Meriten eingesammelt; in San Francisco gibt es inzwischen gar einen offiziellen McGegan-Tag. Die jüngste Ehrung ist noch frisch: Prinz Charles hat ihn vor wenigen Tagen zum „Officer of the British Empire“ ernannt. Zum Dank für seine musikalischen Leistungen außerhalb Großbritanniens. PS