Azubis für das Seelenheil

Der Verband der islamischen Kulturzentren will in NRW drei Imam-Internate einrichten. Besser als nichts, sagen andere islamische Verbände, fordern aber weiterhin eine staatliche Ausbildung

VON SUSANNE GANNOTT

Wie viel Deutsch muss sein? Der NRW-Integrationsbeauftragte Thomas Kufen schaltete sich vergangene Woche in die Integrationsdebatte ein – mit der Forderung nach einer Deutschpflicht in Moscheen. Das hessische Örtchen Dietzenbach will dieselbe in Kindergärten einführen. Und der Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) will nun in Hagen, Bergisch-Gladbach und Köln Imam-Internate einrichten. Dort sollen vor allem türkisch-stämmige Jugendliche zu islamischen Gemeindevorstehern ausgebildet werden. „Damit wird auch die Bedeutung der deutschen Sprache in den Moscheen wachsen“, sagt Ersoy Sam, Berater des VIKZ.

In den neuen Internaten sollen männliche Jugendliche, die mindestens die Mittlere Reife haben, in drei Jahren zum Imam ausgebildet werden. Bisher bildet der Verband nur Erwachsene in Deutschland zu Imamen aus. In Köln soll es außerdem eine Ausbildung für „weibliche Interessenten“ geben, erklärt Sam. Die zukünftigen „islamischen Theologinnen“ würden auf die Gemeindearbeit – etwa in der Erziehungsberatung und Erwachsenenbildung – vorbereitet. Insgesamt will der VIKZ rund 120 neue Ausbildungsplätze anbieten. Über die Genehmigung der Internate wird derzeit mit den Behörden verhandelt.

„Die Ausbildung bietet den Jugendlichen gute Berufschancen“, glaubt Sam. Der Bedarf steige, weil viele Gemeinden inzwischen mehrere Imame beschäftigten. „Imame sind heute nicht mehr nur Prediger und Vorbeter, sie haben zunehmend auch eine soziale Rolle in der Gemeinde, etwa in der Jugendarbeit“, so Sam. Umso wichtiger sei es, dass diese Arbeit von Menschen gemacht werde, die problemlos mit Behörden kommunizieren können.

Des Deutschen mächtig sein müssen die Imame des VIKZ also auf jeden Fall – im Unterschied etwa zu denen von DITIB, dem größten Moschee-Verband in Deutschland, der vom türkischen Staat finanziert wird. Dessen Imame werden in der Türkei ausgebildet und kommen meist nur für ein paar Jahre nach Deutschland. Allerdings: Auch die VIKZ-Ausbildung wird nur zum Teil in Deutsch stattfinden, etwa in dem Fach „Gesellschaftliche Integration“. Die „Auslegung des Koran“ und „Islamisches Recht“ soll dagegen in Arabisch beziehungsweise Türkisch erfolgen, erklärt Ersoy Sam.

Bei der späteren Berufsausübung lege der VIKZ aber „ großen Wert auf eine deutsche Kommunikation“, sagt Sam. Auch das Freitagsgebet finde in den bundesweit 310 Gemeinden des Verbands zum Teil zweisprachig in Türkisch und Deutsch statt. Dies könne mit der neuen Ausbildung weiter ausgebaut werden, hofft Sam. Eine rigorose Deutschpflicht in den Moscheen lehnt er allerdings ab. „Es darf keine Ausgrenzung der nicht-deutschsprachigen Muslime geben.“

Ist die neue Ausbildung für Imame nun zu begrüßen als Schritt zu mehr Integration? NRW-Integrationsbeauftragter Kufen war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Etwas zwiespältig sieht man die Sache beim „Forum unabhängiger Muslime“, einem Bonner Verein zur Förderung des interreligiösen Dialogs. Zwar sei es besser, die Imame hier auszubilden, sagt Vorstandsmitglied Marlies Wehner. Auch könne man dem VIKZ die Ausbildung nicht verweigern, wenn man die DITIB-Imame erlaube. „Grundsätzlich ist es jedoch nicht gut, wenn jeder Verband seine eigenen Leute ausbildet“, so Wehner. Sie plädiert für eine „Gesamtlösung“, sprich: eine offizielle Imam-Ausbildung an deutschen Hochschulen mit einem staatlich anerkannten Abschluss. „Dann kann man auch die Inhalte der Ausbildung besser kontrollieren.“

Ähnlich argumentiert Bekir Alboga, Dialogbeauftragter von DITIB (siehe unten): Wenn es hier ausgebildete Imame mit Hochschulabschluss gäbe und ihre Stellen nicht vom türkischen Staat, sondern über eine Art islamische „Kirchensteuer“ bezahlt würden, könne sein Verband auch auf die Imam-Importe aus der Türkei verzichten.