Auftragsarbeiten

„Hauerei“, „Ordensflut“ oder „Schell-Studie“: Von der Freude über kurzfristige Textbestellungen

von FANNY MÜLLER

„Auftragsarbeiten“, hatte mir die taz-Redakteurin gesagt. Darüber könne ich doch was zum 25jährigen Jubiläum der taz Hamburg oder wie die jetzt heißt, schreiben. Das fand ich einen sehr schönen Gedanken, weil ich quasi nie Auftragsarbeiten gemacht habe. Also jedenfalls fast nie, und dann lief es immer so, dass jemand, z.B. einer von der taz, anrief und fragte, ob ich was über die BILD von heute schreiben könne und zwar ungefähr bis vorgestern...

Wenn mir dazu gleich was einfiel, habe ich zugesagt und wenn nicht, dann nicht. Dabei kamen dann Geschichten raus wie „Mehr Demokratie wagen“, „Hauerei,“ „Ordensflut“, „Schell-Studie“. Manchmal schickte mir die taz auch Briefe zu, beispielsweise von einem Filmverlag. Denen schrieb ich zurück: „ ...ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was ein Animationsfilm für Erwachsene ist. Ich hätte so was für nen Porno gehalten. Sie wollen also ein Drehbuch geschrieben haben? Das dann dreizehn mal geändert werden muss, richtig? Ich schreibe nur, wenn es mir Spaß bringt und ich fürchte, das wird mir keinen bringen...“ Einmal rief eine Filmtorte an und wollte „Mein Keks gehört mir“ verfilmen. Ich fragte sie, ob sie mein Buch gelesen hätte. „Äh, ja-nein...“ Sie fand den Titel so lustig. Ich empfahl ihr, die Lektüre doch mal in Angriff zu nehmen. Das Buch besteht aus Kurzgeschichten...

Aus diesen Gründen habe ich solche und ähnliche Angebote immer abgelehnt. Das konnte ich, weil ich erst mit 50 Jahren angefangen habe zu schreiben und bis dato einem ehrlichen Beruf nachgegangen bin. Das heißt im Klartext, dass ich ökonomisch immer unabhängig war; - ein Privileg, weiß ich - ich musste nie auf Teufel-komm-raus irgendwas für irgendwen zusammenschustern und nebenbei noch Taxi fahren, um mich und meine Familie zu ernähren. Da habe ich wirklich Glück gehabt.

Fällt mir ein: doch – einmal habe ich was für ein Fußballbuch geschrieben, obwohl ich solche Sportarten, milde gesagt, ziemlich scheiße finde. Aber es wurde vom DFB gesponsert und s e h r gut bezahlt und ich musste mir gerade meine Zähne machen lassen. Das hätte ich zwar auch selbst bezahlen können, aber dass der Deutsche Fußballbund mir die neuen Inlays finanziert hat, fand ich schon hervorragend. Und irgendwie auch gerecht, wenn man bedenkt, was die ihren Fußballern auf die Sparbücher tun. Ich musste mir dafür ein Spiel St.Pauli gegen Bavaria Leverkusen oder so angucken, was total anstrengend war. Und danach auch noch drüber schreiben... Das war wohl das einzige Mal, dass ich dem Prinzip „Arbeit zieht Arbeit nach sich“ nachgekommen bin. Wenn ich nämlich was nicht leiden kann, dann ist es Arbeit.

Hinweis: Fanny Müller, Schriftstellerin und Kolumnistin. Ihre Texte für die taz hamburg sind zum Teil in ihrem Buch „Keks, Frau K. und Katastrophen“ im Verlag 2001 zu besichtigen.