NRW nicht auf Hessens „Stamokap“-Kurs

Wettbewerb am Gasmarkt fordert die Landesregierung. So radikal wie andere Länder gibt sich NRW aber nicht

DÜSSELDORF taz ■ „Das ist leider lauwarm“, sagt Aribert Peters vom Bundesverband der Energieverbraucher (BDE) über den Einstieg von Mainova in den NRW-Gasmarkt (Bericht oben). Zwar sei der neue Wettbewerber prinzipiell zu begrüßen, doch das angebotene Preisniveau sei zu nah an den überhöhten Angeboten der etablierten Versorger. „Das ist ein zusätzlicher Player, der aber zu den Bedingungen der Großen spielt“, so BDE-Chef Peters zur taz.

Die NRW-Landesregierung kommentiert den Einstieg des hessischen Unternehmens eher zurückhaltend. Zu einzelnen Firmen wolle man sich nicht äußern, sagt Joachim Neuser, Sprecher von CDU-Wirtschaftsministerin Christa Thoben. „Mehr Wettbewerb ist aber grundsätzlich immer gut“, gibt er das ordnungspolitische Credo der Ressortchefin wider.

Der Energiemarkt werde von einem Oligopol aus vier großen Energieversorgungsunternehmen dominiert, in deren Eigentum sich etwa in NRW nahezu das gesamte Stromnetz befindet, so Thoben Anfang Oktober auf einer Diskussionsveranstaltung in Berlin. Ähnliches gelte für das Gasnetz. Wenn sich kein wirksamer Wettbewerb entwickle, seien „weitergehende Maßnahmen zu prüfen und umzusetzen“, sagte sie. Dazu gehöre die Verlängerung der Preisgenehmigung für Tarifkunden oder eine Intensivierung der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht.

Andere Bundesländer geben sich radikaler. So hatte der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) gefordert, mit drakonischen Maßnahmen bei den Erzeugern für eine Entlastung der Verbraucher bei den Strompreisen zu sorgen. Notfalls sollten die Stromkonzerne gezwungen werden, einen Teil ihrer Kraftwerke zu verkaufen. Hessen will das Wettbewerbsrecht verschärfen, damit das Stromerzeugungs-Oligopol zerschlagen werden kann. Die Großkonzerne RWE und EnBW wiesen das zurück. Ein EnBW-Sprecher warf den Hessen wirre „Stamokap“-Theorien vor.

Von solchen „sozialistischen“ Umtrieben hält sich Ministerin Thoben fern. Statt dessen will NRW eine Bundesratsinitiative zur Verlängerung der Stromaufsicht einbringen.

Dabei kritisieren zunehmend auch NRW-Stadtwerke die Verhältnisse am Energiemarkt. Die seit dem 1. Oktober gültige größere Freiheit sei nicht ausreichend, bemängeln die Stadtwerke Aachen in einer Pressemitteilung. Anfang 2006 waren die Aachener aus dem Gas-Branchenverband ausgetreten und fordern seitdem einen liberaleren Markt. Das alte wettbewerbswidrige Modell des „Netzzugangs“ soll weg. Bislang blieben bestehende Lieferketten unangetastet, heißt es aus Aachen. In der Folge würden dem Gasmarkt weiterhin freie Gasmengen entzogen, die für einen echten Wettbewerb notwendig wären. M. TEIGELER