„Information ist ein Grundrecht“

Aktivist Chu Eben: Asylbewerber_innen brauchen freien Zugang zu Informationen

■ Gründer des Refugees Emancipation Project (www.refugeesemancipation.com). Er lebt seit 12 Jahren in Deutschland und setzt sich für das Recht auf Information von Asylbewerber_innen in den neuen Bundesländern ein. Der Verein finanziert sich über private Spenden, punktuell über Gelder von Kommunen, Ländern und Stiftungen.

INTERVIEW: ELEONORA ROLDÁN MENDÍVIL

Herr Chu, wie kamen Sie auf die Idee, kostenlose Internetpoole in Asylbewerber_innenheimen einzurichten?

Chu Eben: Ich kam als Asylbewerber nach Deutschland in dem Glauben, dass Deutschland als fortschrittliches Land all seinen Einwohner_innen die Möglichkeit der Kommunikation gewähren würde. Ich war sehr überrascht, als ich mich in den Wohnheimen in einer Art Isolationshaft wiederfand.

In einer Art Isolationshaft?

In diesen weit abgelegenen Heimen, mit sehr schlechter Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, kam auf 400 Menschen ein öffentliches Telefon. Sie können sich vorstellen, was es da täglich für Konflikte in den langen Schlangen gab. Mit einigen Studierenden kam ich auf die Idee, dass die Kommunikation via Internet nicht nur schneller, sondern auch günstiger und effektiver als mit Telefonkarten wäre. Information ist ein fundamentales Grundrecht, der Zugang zu Informationen ist der Baustein zur persönlichen und gesellschaftlichen Emanzipation. Es geht um das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe.

Warum hat sich die Bundesregierung bis dato nicht um diesen Informationsmissstand gekümmert?

Dass es nur ein öffentliches Telefon für 400 Menschen gab, war ja kein Zufall. Genauso wenig wie es ein Zufall ist, dass Heime in abgelegenen Regionen liegen und die Bewegungsfreiheit durch die Residenzpflicht eingeschränkt ist. Die ständige Kontrolle, die Überwachung gehört ja zum System in diesem Land. Daher war es uns auch so wichtig, nicht von den Heimen kontrolliert zu werden. Wir schließen mit der Heimleitung Nutzungsverträge für bestimmte Räume und bekommen eigene Schlüssel. Alles,was sich in den Räumen befindet, gehört Refugees Emancipation. Heimbewohner_innen bekommen Verantwortlichkeiten übertragen und schließen die Internetcafés zu bestimmten Öffnungszeiten auf und wieder zu.

Zugang zu Informationen heißt nicht, dass Menschen die Informationen automatisch verstehen. Wie unterstützen Sie die Menschen hierbei?

Wir bilden Leute in Workshops aus, die dann als Multiplikator_innen fungieren. Auf Deutsch, aber auch in anderen Sprachen.

Was hat sich verändert, seitdem es Ihre Internetcafés gibt?

Wir können uns über unsere Lage und unsere Rechte in diesem Land informieren. Wir wissen nun auch eher, was in den Regionen passiert, aus denen wir fortgegangen sind – das ist sehr wichtig für uns. Die Zertifikate, die wir ausstellen, helfen den Menschen dann auch auf dem Arbeitsmarkt. Und gleichzeitig hat sich auch die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft verbessert. Es gibt mehr Austausch, mehr Kommunikation zwischen drinnen und draußen. Die Zivilgesellschaft hat also einen legalen Weg gefunden, Asylbewerber_innen das Grundrecht auf Information eigenständig zu sichern.