Kreuzfidele Vergnügungen

TOTENTANZ & AUFGALOPP

Bremen fiebert einem historischen Karfreitag entgegen. Er ist der erste seit Jesu Kreuzigung – also seit immerhin 1.983 Jahren –, an dem offiziell und öffentlich getanzt werden darf. Wenn auch erst ab 21 Uhr.

Mehr wollte die rot-grüne Parlamentsmehrheit ihren religiösen MitbürgerInnen lieber doch nicht zumuten. Denn für die ist dieser Kompromiss schon schlimm genug: Bei der entscheidenden Bürgerschaftsdebatte über die Änderung des Feiertagsgesetzes schlugen die Wogen hoch. „Ihnen passt die christliche Prägung unserer Gesellschaft nicht!“, warf Elisabeth Motschmann, mittlerweile für die CDU in den Bundestag aufgestiegen, erbittert den Regierungsfraktionen vor. Und setzte, als Seitenhieb auf ihren Parteifreund Christian Wulff, hinterher: „Es ist offenbar schon notwendig zu sagen: Auch das Christentum gehört zu Deutschland, gehört zu Bremen.“

In eben diesem Christentum ist allerdings umstritten, ob Jesus überhaupt an einem Freitag starb oder schon am vorhergehenden Mittwoch. Auf welchen Tag des Jahres 31 nach Christus der Passahsabbat fiel, ist historisch nicht mehr feststellbar. Ebenso wenig die genaue Dauer von Jesu Verbleib im Grab, durch die man hätte zurückrechnen können. Im Markus-Evangelium ist von drei Tagen die Rede, bei Matthäus von drei Nächten. Daneben findet sich bei beiden Evangelisten die Formulierung „am dritten Tag“ – wie es ja auch im Glaubensbekenntnis gesprochen wird. Der dritte Tag allerdings beginnt nach zwei Nächten.

Wichtiger als diese terminlichen und theologischen Feinheiten sind den Verfechtern der strikten Feiertagsruhe ohnehin Tradition und „gute Sitte“. Als hinreichend tradiert gilt offenbar das Oster-Rennen auf der Bremer Galopprennbahn, bei dem so mancher Christdemokrat mit von der Wett- und Society-Partie ist. Es darf weiterhin stattfinden. Begründung: Seit beinahe 30 Jahren werde jeden Karfreitag angaloppiert. Doch was ist das für eine Zeitspanne angesichts neutestamentarischer Dimensionen? Weniger, als Jesus selbst erlebte.

Dieses Jahr aber gibt es ein Zugeständnis an die echten Bremer Gläubigen: Der Rennverein muss garantieren, „bei der Veranstaltung keine Unterhaltungsmusik abzuspielen“.  HB