Jukebox

Most einmal anders betrachtet

Most ist gärender Apfelsaft, der es ebenso in sich hat wie seine englische Schwester Cider. Er schmeckt so fruchtig, dass man ihn wegtrinkt wie Limonade und sich anschließend wundert, den Nachhauseweg nur mit ausgedehnten Zwischenstationen auf Parkbänken zu schaffen.

Das österreichische Duo Attwenger hat sein zweites Album (1991) nach diesem Getränk benannt. Vielleicht weil Attwenger-Musik immer intensiver wird, je öfter man sie hört. Vielleicht aber auch deshalb, weil ein bis zwei Gläser Most dem Hörgenuss nicht schaden können. Most ist aber auch namensgebend für eine von Apfelgärten überflutete Region Österreichs: das Mostviertel. Und das ist die Heimat von Markus Binder und Hans-Peter Falkner, die im Jahr 1990 ihren ersten Auftritt als Attwenger hingelegt haben, als Abschlussband eines Konzertabends im selbst verwalteten Kulturzentrum Arena in Wien. Das allerdings war zu einer Nachtzeit, als sich schon niemand mehr dafür interessiert hat, was auf der Bühne passiert.

Richtig verstehen können die Texte ohnehin nur gebürtige Österreicherinnen und Österreicher – so hart ist ihr Mostvierteler-Akzent. Zum Einstieg eignet sich eine der letzten Tracks auf „Most“ – da wiederholen Attwenger stur die Worte „He U“. Schwieriger ist der Song „1 und 2, 3“: „und gsund is ned graung/ a tisch is koa baung/ a baung san koane stü/ und wenig is ned vü“. Dada auf Österreichisch mit der simplen Empfehlung, sich auch mit den einfachen Dingen im Leben zufrieden zu geben. Eines der nahe liegenden Dinge im Leben von Binder und Falkner war die Volksmusik – ein Stil, den man nicht den Karl Moiks dieser Welt überlassen darf. Deshalb entwickelten sie ihre eigene Fassung: auf Knopfakkordeon, Schnarrtrommel, Schlagzeug und Gitarre spielen sie Volksmusik in Punkversion und in zehnfacher Geschwindigkeit. Brachial wirkt ihre Musik und ein bisschen wie der Balkan-Pop von Goran Bregović.

Vor drei Jahren wurde das Duo mit dem alternativen Musikpreis von FM 4, der vermutlich besten Radiostation im deutschsprachigen Raum, ausgezeichnet. Jetzt ist ihr neues Album erschienen, das „Dog 2“ heißt (was nicht englisch, sondern österreichisch ist und „Tag“ bedeutet.), und das sie heute bei einem Konzert im Bastard (22 Uhr) vorstellen werden.

Andrea Edlinger