Zweifel am Nutzen von Tamiflu

MEDIZIN Das bekannteste Grippemittel soll erhebliche Nebenwirkungen haben. Pharmaindustrie muss Daten aus klinischen Studien künftig offenlegen

LONDON/BERLIN dpa/taz | Der Nutzen der Grippemittel Tamiflu und Relenza ist nach einer groß angelegten Studie fraglich. Die Staaten sollten sich überlegen, ob es sinnvoll gewesen ist, diese Medikamente millionenfach für den Fall einer großen Schweinegrippe-Epidemie einzulagern, schreiben die Cochrane Collaboration und das British Medical Journal. Sie berücksichtigten auch bislang unveröffentlichte Daten. Der Hersteller von Tamiflu, das Unternehmen Roche, widersprach diesen Empfehlungen.

Laut Ergebnissen der neuen Studie können die Medikamente zwar die Dauer von grippeartigen Symptomen um etwa einen halben Tag verringern, dafür riskierten Patienten jedoch Nebenwirkungen. Hinweise darauf, dass die Mittel bestimmte Komplikationen und die Einlieferung ins Krankenhaus verhindern, fanden die Forscher um Tom Jefferson vom Cochrane-Team nicht. Die Cochrane Collaboration berät unter anderem Politiker in Gesundheitsfragen. Untersuchungen wie die jetzt veröffentlichte würden künftig leichter möglich, sagte Gesundheitswissenschaftler Jörg Schaaber der taz. Grund sei der jüngste Beschluss des EU-Parlaments, die Pharmaindustrie ab 2016 zur Offenlegung eines Großteils der bislang geheim gehaltenen Daten aus klinischen Studien zu Arzneimittelversuchen an Menschen zu verpflichten.

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