Der Offene

Für diesmal hat sich Markus Fein das Thema „Streichorchester“ ausgedacht. „360 Grad Streichquartett“ lautet der Titel der diesjährigen Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, und solche Metaphern-Motti sind typisch für den neuen Festivalchef Markus Fein. Der glühende Wunsch, Klassik unkonventionell zu vermitteln – mit Festival Walks, Filmen mit Orchesterbegleitung oder einem Konzert, bei dem die Zuschauer zwischen den Musikern sitzen: All das zählt zur Handschrift Feins, der zehn Jahre lang die Sommerlichen Musiktage Hitzacker und später die Niedersächsischen Musiktage leitete.

Warum sein Intermezzo bei den Berliner Philharmonikern – seine letzte Station – nur kurz währte, bekommt man nicht recht heraus, aber es belastet ihn auch nicht. Entschlossen ist er vielmehr für den neuen Job nach Schwerin gezogen und hat sich schon verliebt in die Landschaft und die „unendlich vielen attraktiven Konzertorte“.

Einer davon ist die Wismarer St. Georgen-Kirche, in der das Festival am 20. Juni mit der Ouvertüre „Sommerabend“ eröffnet. Es ist ein Auftragswerk, und der Hamburger Komponist Johannes Motschmann hat darin Verse vertont, die Walter Kempowski schrieb, als er 1948 im Zuchthaus Bautzen der damaligen sowjetischen Besatzungszone saß. Solch eine Geschichte reizt Festivalchef Fein: „Diese in klaustrophobischer Enge verfassten Verse in einer großen Kirche aufzuführen und ihnen Weite zu geben, sie zu öffnen.“

Überhaupt, Offenheit: Die gibt es auch zu den Seiten hin, etwa zum Schleswig-Holstein Musikfestival, das sich zeitlich mit den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern überschneidet. „Das empfinde ich nicht als Konkurrenz, im Gegenteil“, sagt Fein. In diesem Jahr werden erstmals Residenzmusiker auf dem je anderen Festival zu Gast sein.

Die eigentliche Konkurrenz sieht der Festivalchef ohnehin nicht bei den anderen Kulturveranstaltern. „Das sind das Fernsehen, der Kommerz, die Apathie“, meint Fein. „Aber das kann man ja vielleicht ändern.“  PS