Nato und Russland sichern

CAPE RAY Ob Begleitschutz auf dem Meer nötig ist, bleibt aber umstritten

GENF taz | Der Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg am 21. August 2013, bei dem rund 1.500 Syrer starben, schockierte die Welt. Der UNO-Sicherheitsrat beauftragte im September – auf Initiative Russlands und der USA – die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag damit, das syrische C-Waffen-Arsenal bis zum 30. Juni dieses Jahres komplett zu vernichten. Syriens Regierung stimmte zu.

Bis Ende Februar dieses Jahres wurden nach Angaben der OPCW sämtliche Produktions-, Misch- und Abfüllanlagen für C-Waffen zerstört. Von den von Syrien seit den 70er Jahren produzierten rund 1.000 Tonnen giftiger Kampfstoffe wurde jedoch nur ein kleiner Teil, der wegen durchrosteter Behälter oder Munition nicht mehr transportfähig war, vor Ort vernichtet.

Rund 90 Prozent wurden in den syrischen Mittelmeerhafen Latakia transportiert. Von dort befördert das US-Spezialschiff „Cape Ray“ die gefährlichen Substanzen übers Mittelmeer; durch das sogenannte Hydrolyseverfahren werden sie in harmlose Stoffe umgewandelt.

Russland und die Nato haben vereinbart, den Abtransport und die Vernichtung der C-Waffen militärisch abzusichern. Ein ausdrückliches Mandat des UNO-Sicherheitsrats gibt es nicht.

Russische Streitkräfte von der nahegelegenen russischen Marinebasis Tartus schützen den Transport auf dem Landweg und im Hafen Latakia. Für den Begleitschutz des US-Spezialschiffs „Cape Ray“ wollten die Nato und Russland ursprünglich gemeinsam sorgen. Wegen des Ukraine-Konflikts beteiligt sich Russland derzeit aber nicht daran.

Dass militärischer Begleitschutz auf See nötig ist, wird in der UNO und bei der OPCW bezweifelt: Staaten, Piraten oder Terrorgruppen, die ein Interesse daran haben oder in der Lage sind, die „Cape Ray“ zu gefährden, sind nicht in Sicht. Der Einsatz der deutschen Fregatte könnte sich als ebenso symbolisch und überflüssig erweisen, wie die seit 2008 von Kriegsschiffen der Bundesmarine geführte Mission vor der libanesischen Küste zur Verhinderung von Waffenlieferungen an die Hisbollah. Über 10.000 Schiffe wurden inzwischen durchsucht. Die Soldaten der Bundesmarine fanden bis heute keine einzige Patrone. ANDREAS ZUMACH