Luxusknast für Massenmörder

RUANDA Dort, wo die Bundeswehr in Mali Soldaten ausbildet, sitzen die höchstrangigen verurteilten ruandischen Völkermordtäter in UN-Haft

■ „Im Grunde muss man nur warten – denn dass es wiederkommt, das Morden, ist nur eine Frage der Zeit, glaube ich. Der ganze Fortschritt, den es tatsächlich gibt, wird von der Geburtenrate komplett aufgefressen. Die Mörder sind alle noch hier, viele warten nur darauf, ihre Arbeit zu Ende zu bringen. Fast alle, die im Gefängnis sitzen, sagen, dass sie unschuldig sind. Hier redet keiner offen – noch nie, das ist in der ruandischen Kultur nicht angelegt. Niemand traut irgendwem. Dieses Land ist ein verlorenes Land. Kagame macht alles richtig – und hat dennoch keine Chance …“Marie-Claude Bianco, die in der taz.am wochenende ihre ruandische Geschichte aufschrieb, schreibt Tagebuch aus Kigali. Weiterlesen: taz.de/ruanda2014

KOULIKORO afp | Vor zwanzig Jahren war Théoneste Bagosora einer der wichtigsten Anstifter des Genozids gegen die Tutsi in Ruanda: Der pensionierte ruandische Oberst rief schon 1993 die nahende „Apokalypse“ aus und übernahm am 6. April 1994 die Macht nach der Ermordung von Präsident Juvenal Habyarimana, als radikale Hutu-Milizen und Armee mit der Tötung der Tutsi und aller Oppositionellen begannen. Heute sitzt Bagosora in Mali in Haft – mit weiteren Völkermordverantwortlichen, die vom UN-Ruanda-Tribunal verurteilt worden sind.

„Es sind sehr disziplinierte Gefangene, die stören niemanden“, sagt ein Wächter der Haftanstalt von Koulikoro, 57 Kilometer von Malis Hauptstadt Bamako entfernt. Das Gefängnis mit rund 250 Insassen, darunter ein Dutzend Ruander, liegt am Ortseingang der Garnisonsstadt, in der die deutsche Bundeswehr aktuell Malis Armee ausbildet.

Der Spezialtrakt der Ruander ist kein normales afrikanisches Gefängnis. Die Zellen haben Duschen, es gibt einen Essensraum und eine Bibliothek. Die Häftlinge dürfen Besucher empfangen und erhalten 2 US-Dollar Tagesgeld. Die meisten Malier leben nicht so gut. In Ruanda sprechen Medien kritisch von einem „Luxusleben“.

Wenn er im Innenhof in Turnschuhen und dunkler Sonnenbrille seine Runden dreht, sieht Bagosora aus wie ein friedlicher, agiler Großvater. Mit ihm läuft Ruandas Premierminister zur Zeit des Völkermords, Jean Kambanda. Er trägt jetzt einen großen schwarzen Bart. All diese Häftlinge sind zu langen Haftstrafen verurteilt und werden in Koulikoro wohl ihr Leben beenden.

Einige Häftlinge wurden vorzeitig entlassen – und bleiben freiwillig in Mali. In Ruanda „erwartet mich Gefängnis oder Tod“, sagt einer, der zwölf Jahre gesessen hat. Seinen Namen nennt er nicht – „sonst kriege ich eine Kugel in den Kopf“.