Kurzkritik: „Ehrensache“, Junges Schauspielhaus
: Ausflug in den Tod

Zwei Mädchen, zwei Jungs, ein Trip in die Stadt. Nach Kirmes, Shopping und Kino folgt das blutige Ende: Ellena liegt mit 30 Messerstichen tot auf einem Parkplatz, ihre Freundin Ulli ist schwer verletzt. Die Täter sind Cem und Sinan. Wie es dazu kommen konnte, zeigte das Junge Schauspielhaus am Sonntag bei der ausverkauften Premiere des Stückes „Ehrensache“ von Lutz Hübner.

Cem, der Lehrling türkischer Herkunft, unterscheidet zwischen ehrbaren Frauen und Huren. Ellena ist für ihn eine Schlampe. Denn die Halbtürkin ist selbstbewusst und lässt sich nichts von Cem sagen. Im Gegenteil: Sie stellt ihn sogar vor den anderen bloß. Die Sache eskaliert, als er befürchtet, Ellena könne von ihm schwanger sein.

Ehre, patriarchalisches Weltbild, Freundschaft, Liebe und Kontrollverlust sind die zentralen Themen, die Hübner hier zu einem packenden Plot mixt. Er entführt sein Publikum in die Psyche des in seiner Würde gekränkten Cem, macht die Tat aus dieser Perspektive zum unausweichlichen Ende eines aggressionsgeladenen Tages. Unterstützt wird das auf einem authentischen Fall beruhende Stück durch ein zurück genommenes Bühnenbild, das die brisante Geschichte umso eindringlicher wirken lässt. Der Clou: Die Schauspieler agieren auf einer rotierenden Scheibe, die zusätzlich für Dynamik sorgt. 75 Minuten Vollbluttheater. SÖRRE WIECK

nächste freie Vorstellungen: 11. 10., 20. 11., 22. 11., 19 Uhr, Junges Schauspielhaus