Mit verbranntem Restmüll in die Gewinnzone

Mit einer riesigen Müllverbrennungsanlage will die Abfallgesellschaft Ruhr endlich wieder Gewinn machen. Dabei hat die Tochter des Regionalverbands Ruhrgebiet schon über hundert Millionen Euro öffentlicher Mittel verschleudert

HERTEN taz ■ Heute um halb elf legt NRW-Bauminister Oliver Wittke (CDU) den Grundstein für die Müllverbrennungsanlage RZR II in Herten. Das 170-Millionen Euro-Projekt der Abfallgesellschaft Ruhr (AGR) ist das größte öffentliche Bauvorhaben in der Entsorgungsbranche seit Jahren. Die AGR gehört dem Regionalverband Ruhr. Ein Firmensprecher lobt das Projekt als „wichtigen Meilenstein“ mit „weitreichender Bedeutung“ für „die Region Ruhrgebiet“. Die Anlage soll 2008 in Betrieb gehen.

Das RZR II wird von Kritikern als „überdimensionierte Müllschleuder“ bezeichnet. Hier sollen jährlich bis zu 250.000 Tonnen Restmüll verbrannt werden. Die AGR-Manager setzen vor allem auf Gewerbemüll, der in Zukunft reichlich anfallen soll. Ihre Thesen werden von nicht öffentliche Prognos-Gutachten bestätigt, die von der AGR selbst beauftragt und bezahlt wurden. Das NRW-Umweltministerium und Branchenkenner wiesen dagegen in der Vergangenheit auf wachsende Verbrennungskapazitäten in ganz Deutschland hin. Dadurch würden die Preise gedrückt und die Mengen knapper.

Das RZR II wird zum größten Teil auf Pump gebaut. 100 Millionen Euro gibt die Landesbank Baden-Württemberg. 15 Millionen Euro schießen die Stadtwerke Herten dazu.

Die Bedeutung der Müllverbrennungsanlage ist für die AGR immens. Die Investition soll die Abfallgesellschaft in wenigen Jahren wieder in die Gewinne führen, nachdem die Firma seit Anfang des Jahrzehnts weit über hundert Millionen Euro öffentlicher Mittel verschleudert hat. Beispielsweise genehmigte sich der damalige AGR-Geschäftsführer Michael Vagedes dicke Privilegien. Der Ex-Beamte bekam gleich zwei Dienstwagen. Eine BMW-Luxuslimousine mit Fahrer nutzte er selbst, einen Mittelklassewagen fuhr unter anderem seine Frau. Der große Wagen sei für Dienstgeschäfte werktags, bestätigte ein Sprecher, der kleine „fürs Wochenende.“

Am verheerendsten für die AGR ist allerdings ihr Investment in eine bayrische Baufirma. Die Nürnberger Brochier musste Ende 2004 mit über 100 Millionen Euro Verlust verkauft werden. Nach der Pleite der Firma in diesem August muss die AGR nun zusätzlich Risiken in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro tragen. Ein AGR-Sprecher sagte, diese Summen könnten durch bilanzielle Rückstellungen aufgefangen werden. Dumm nur, dass die zur Verfügung stehenden Barmittel in den kommenden Monaten planmäßig auf nur noch rund 30 Millionen Euro sinken, wie AGR-Geschäftsführer Dietrich Freudenberger zugab.

Nach taz-Informationen hat sich die AGR mittlerweile um einen zusätzlichen 20-Millionen-Euro-Kredit bei der Landesbank Baden-Württemberg bemüht. Auf das RZR II habe das aber keine Auswirkungen, so der Firmensprecher. „Der vorgesehene Kreditrahmen garantiert den Bau des RZR II.“ DAVID SCHRAVEN