die begründung für norwegens schuldenerlass ist beispielhaft
: Eigennützige Entwicklungshilfe

Norwegen hat es vorgemacht. In einem geradezu historischen Beschluss hat die norwegische Regierung fünf Entwicklungsländern Schulden in Höhe von 63 Mio. Euro gestrichen. Wichtiger als der Betrag ist die Begründung: Die Kredite an Sierra Leone, Peru, Ecuador, Jamaika und Ägypten hatten nie das Ziel, die Entwicklung in diesen Ländern zu befördern; entwicklungspolitisch seien sie sogar ein schwerer Fehler gewesen. Sie sollten nur den Export norwegischer Schiffe ankurbeln. Deswegen verzichtet man nun auf die restliche Rückzahlung.

Bislang lief die Debatte um Schuldenerlasse nach dem Motto: Wir Gläubiger sind großzügig und erlassen euch Armen eure Schulden. Konsequenterweise rechnete man sich die Erlasse als zusätzliche Entwicklungshilfe an. Der norwegische Beschluss durchbricht erstmals diese Logik und räumt die Verantwortung der Gläubiger ein: Wer war es denn, der all die Pinochets und Mobutus dieser Welt auf Pump mit allem Nötigen versorgte, damit diese ihre Bevölkerung ausplündern und unterdrücken konnten?

Auch die Bundesrepublik hat da einige Leichen im Keller. „Hermes“-Bürgschaften sind erklärtermaßen ein Instrument der Exportsubvention. Und was ist mit den Entwicklungshilfekrediten der 1980er-Jahre, die oft nur dazu dienten, dass die Schuldner ihre Raten bei deutschen Banken zurückzahlen konnten? Wie steht es um Kredite des IWF und der Weltbank, deren Politikrezepte und Staudämme die Armut oft verschlimmert haben?

Die Chancen für eine unparteiische Überprüfung dieser Fragen stehen in Deutschland leider schlecht. Zwar hat das Entwicklungsministerium die Debatte in Norwegen aufmerksam verfolgt und zeigt sich bedingt gesprächsbereit. Es wäre aber ein Wunder, wenn es sich gegen das Finanz- und Wirtschaftsministerium durchsetzen könnte.

Zum Umdenken braucht es, wie in Norwegen, den Druck aus der Gesellschaft. Der G-8-Gipfel im kommenden Jahr in Deutschland böte dafür eine hervorragende Gelegenheit. PHILIPP HERSEL

Der Autor ist Geschäftsführer der Berliner AG Umwelt und Entwicklung „BLUE 21“ und Mitglied von Attac