Zuschlag auf Schuhe aus China und Vietnam

EU verhängt Strafzölle für zwei Jahre. Künftig soll eine handelsfreundliche Politik so etwas aber unnötig machen

BERLIN taz ■ Europas Verbraucher müssen in den kommenden Jahren einen Aufschlag für Lederschuhe aus Vietnam und China zahlen. Gestern einigten sich die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten darauf, die seit April geltenden Strafzölle für zwei Jahre festzuschreiben. Heute sollen die EU-Innenminister den Beschluss absegnen. Damit werden für Lederschuhe aus China 16 Prozent Zuschlag fällig, für Importe aus Vietnam zehn Prozent.

Zwei von drei Schuhpaaren, die die EU importiert, kommen aus China und Vietnam. Die Kommission in Brüssel wirft beiden Ländern vor, mit Dumpingpreisen den Markt zu verzerren. Deshalb haben sich vor allem die südeuropäischen Länder Italien, Spanien und Portugal, die ihre eigene Produktion bedroht sehen, für Strafzölle eingesetzt. Ausgenommen bleiben Sportschuhe. Sie werden in Europa kaum noch hergestellt.

Strafzölle dieser Art könnten in Zukunft allerdings schwierig werden. Denn gestern legte der zuständige Kommissar Peter Mandelson die neue Handelsstrategie vor, mit der die Union sich auf die zunehmende Globalisierung der Weltwirtschaft einstellen will. Ein Punkt dabei: die Überprüfung der Handelsschutz-Instrumente, zu denen auch Zölle gehören. Denn die schützen zwar die europäischen Fabrikanten. Gleichzeitig gibt es aber auch immer mehr hiesige Händler und Lieferanten, die ihre Produktion in Billiglohnländer außerhalb der EU verlagert haben. So zum Beispiel große Sportartikelhersteller wie Adidas oder Puma. Im Laufe des Jahres will die EU genauer erklären, wie sie künftig ihren eigenen Handel schützen will.

Doch eigentlich sollen Europas Unternehmen gar nicht erst so stark in die Bedrängnis kommen. Deshalb setzt Mandelson in der neuen Handelsstrategie auf stärkere „Wettbewerbsfähigkeit“ der EU-Firmen auf dem Weltmarkt. Und deshalb müssten Regulierung und Standards, die in der Union gelten, auch auf ihre „externen Dimensionen“ hin betrachtet werden. Das bedeute nicht, dass die EU-Regeln abgeschwächt werden sollen, beteuert Mandelson. Allerdings sollten sie mit einem „offenen und flexiblen“ Zugang behandelt werden.

Kritiker wie Peter Frein vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) und Peter Fuchs von Weed sehen das aber als Ankündigung, die Vorschriften für Unternehmen so weit wie möglich abzubauen. Die Handelspolitik solle den Rahmen für die nationale Gesetzgebung setzen. Die neue Strategie lese sich daher „wie eine Wunschliste deutscher und europäischer Konzerne“, bemängeln beide Experten in einer gemeinsamen Erklärung.

Auch bei einem anderen wichtigen Punkt, den Mandelsohn verfolgen will, erkennen sie vor allem Vorteile für die Industrie. Die EU strebt nach dem Aus für die Entwicklungsrunde bei der Welthandelsorganisation eine Vielzahl von bilateralen Abkommen mit anderen Staatenbünden wie dem südamerikanischen Mercosur oder dem asiatischen Asean an.

Zwar verweist Mandelson auch darauf, dass solche Abkommen mit den Ländern des Südens auch entwicklungspolitische Bedürfnisse erfüllen müssten. Das Schlüsselkriterium für neue Partner sei aber das Marktpotenzial und die Offenheit für Exporte aus der EU. „Bei der Verbesserung der externen Wettbewerbsfähigkeit der EU hat Gerechtigkeit für die Armen offenbar keinen Platz“, lautet daher das Fazit von EED und Weed.

STEPHAN KOSCH