KOMMENTAR VON CHRISTIAN FÜLLER
: Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen

Das Schulsystem ist ineffizient, ungerecht und undemokratisch – auch das der Pisa-Sieger

Wenn gleich drei Minister sich ohne jeden äußeren Anlass zu einem länglichen Papier zusammenraufen, dann sind sie nervös. Dazu haben die Bildungsminister aus Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen offenbar allen Grund. Denn ihr Manifest für eine konservative Bildungspolitik ist ein Dokument der Angst.

Und das, obwohl die Schüler der drei Bundesländer bei Pisa jedes Mal die besten Noten in Deutschland bekommen. Die Pisa-Sieger haben Angst vor den Bürgern, vor der Industrie und vor allem vor der Demografie. Deswegen stellen sie sich hin wie die drei Affen, damit sie die Wirklichkeit im Land nicht erreicht.

Die Realität sieht so aus: In den Grundschulen wird ein teilweise brutaler Leistungsdruck aufgebaut. „Die Lehrer lassen öffentliches Mobbing gegen einzelne Kinder zu, sie tragen Noten nicht ein, sie verschleiern erbrachte Leistungen.“ Solche Erfahrungen berichten viele Eltern. Sie erleben täglich live, was die Pisa-Studien alle Jahre neu beweisen: Das deutsche Schulsystem ist ineffizient, ungerecht und undemokratisch.

Das gilt auch für die Pisa-Sieger. Schuld sind daran nicht die Lehrer, schon gar nicht die Grundschullehrer, die die besten in der Republik sind. Es liegt am Auslesedruck der gegliederten Schule. Der setzt ein ab Ende der zweiten Klasse, wenn die Würfel für den Schulwechsel ins Rollen kommen. Gymnasium oder nicht Gymnasium, das ist zur nervenaufreibenden Existenzfrage geworden. Kinder kommen aus der Grundschulen nach Hause und sagen: „Ich bin dumm, ich kann das nicht.“ Ihnen geht es damit exakt so wie den Schülern in den sogenannten Praxisklassen, wo die Hoffnungslosigkeit Alltag ist: „Ich bin dumm, die Gesellschaft will mich nicht.“

Was ist die Antwort der drei Superpisaminister? Weiter so! Das gegliederte Schulwesen von Haupt-, Real und Oberschule ist optimal! Sie sagen auf Deutsch: Wir wollen, dass die Spaltung der Lernenden in zehnjährige Gewinner und zehnjährige Verlierer bestehen bleibt. Und wer so etwas sagt, obwohl er seinen Amtseid auf gleiche Bildungschancen geschworen hat, der hat zu Recht Angst.