ANDREAS ZUMACH ÜBER DIE UNNÖTIGE KALTE-KRIEGS-RHETORIK
: Nato reagiert ziemlich gemäßigt

Manche Schlagzeilen zum Brüsseler Außenministertreffen der Nato erwecken den Eindruck, ihre Autoren wünschten sich geradezu „Die Rückkehr des Kalten Krieges“ und „Russland wieder als Gegner“ oder als „neuen, alten Feind“. Tatsächlich ist der Kalte Krieg seit 1989 nie völlig beendet worden.

Statt der noch im November 1990 auf dem KSZE-Gipfel in Paris versprochenen gleichberechtigten Aufnahme und Einbindung Russlands in das damals von Gorbatschow angestrebte „Gemeinsame Haus Europa“ setzten die Nato-Staaten auf die Ausdehnung ihrer Militärallianz gen Osten. Bei der Moskau anschließend angebotenen „Partnerschaft“ war Russland nie gleichberechtigt. Mit dieser fatal falschen Weichenstellung haben die Nato-Staaten nicht nur die Sowjetnostalgiker und geostrategischen Falken in Moskau gestärkt. Auch die große Zustimmung in der russischen Bevölkerung für Putin und seine völkerrechtswidrige Annexion der Krim ist nur verständlich auf der Folie dieser enttäuschenden Erfahrungen mit dem Westen seit 1989.

In Reaktion auf die Krim-Annexion und den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Ostgrenze hat insbesondere Polen die erstmalige Stationierung von Bodentruppen aus westlichen Nato-Staaten in osteuropäische Mitgliedsländer verlangt. Doch bei allem Verständnis für die historisch bedingten Ängste Polens und der baltischen Staaten hat die große Mehrheit der 28 Nato-Staaten auf diesen gefährlichen Eskalationsschritt wohlweislich verzichtet.

Zudem wurden die Beziehungen zu Russland nur in jenen Bereichen eingefroren, in denen die Nato keine starken Eigeninteressen und nicht – wie derzeit noch in Afghanistan – auf Moskaus Kooperation angewiesen ist. Feindschaft und Gegnerschaft sehen anders aus.

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