„Da hat’s richtig geknallt“

BILDUNG ExpertInnen und PolitikerInnen reden über den Stand der politischen Bildung in Bremen

■ 75, ist Soziologe und war von 1975 bis 2004 an der Uni Bremen, zuletzt beim Institut für Erwachsenen-Bildungsforschung (Ifeb).

taz: Herr Körber, wie hat sich Weiterbildung in den vergangenen 40 Jahren entwickelt?

Klaus Körber: Es gab drei Weichenstellungs-Situationen. Einmal in den siebziger Jahren, als sich vermehrt der Arbeitnehmerweiterbildung zugewendet wurde. Im Grunde haben wir damals schon „Work-Life-Balance“ zum Thema gemacht, auch wenn das natürlich anders hieß. In den achtziger und neunziger Jahren befand sich vor allem die politische Weiterbildung in einer echten Krise, denn sie wanderte ab in Bürgerinitiativen und neue soziale Bewegungen – diese Krise war allerdings ganz klar eine Chance, die auch wahrgenommen wurde.

Wie und von wem?

Wir haben 1992 an der Uni die bundesweite Fachtagung „Neubestimmung politischer Weiterbildung“ veranstaltet, und danach fanden neue Methoden den Weg ans Theater, in die Kunst und in die Medien, auch in Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen.

Letztere sind aber von klassischen Weiterbildungseinrichtungen nicht sehr ernst genommen worden, oder?

Ja, 2004, als Bremen sich als europäische Kulturhauptstadt beworben hat, da hat’s auch richtig geknallt. Wir vom Ifeb haben Vertreter der stadtbremischen Einrichtungen eingeladen, aber auch Vertreter von WIN-Projekten, Jugendbeteiligungsprojekten und Freiwilligenagenturen. Und bis auf die Landeszentrale für politische Bildung haben die klassischen Einrichtungen die anderen Initiativen überhaupt nicht ernst genommen – da gab es so einen Zoff, dass fast alle wieder gegangen sind. Und genau diese Situation wird jetzt wieder aufgegriffen.

Aber zwischenzeitlich haben sich die unterschiedlichen Initiativen doch angenähert?

Schon, aber lange nicht genug. Die aufsuchende Bildungsarbeit muss noch weiter verstärkt werden. Ich glaube, wir befinden uns da gerade wieder in so einer Weichenstellungs-Situation, in der die klassische politische Weiterbildung für Erwachsene mit dem Rücken zur Wand steht. Sie muss sich in die Lebenswelt der sogenannten „Politikverdrossenen“ begeben und sie muss sich auch darauf einstellen, dass die Menschen nicht mehr nur Zuschauer von politischen Entscheidungsprozessen sein wollen.

Wie soll sie das leisten?

Indem sie mit Bürgerbeteiligungs-Projekten kooperiert und weg kommt von der typisch deutschen Lehre, in der es selbst für Erwachsene „Unterrichts- und Klassenzimmerzeiten“ gibt. England ist da mit der „Civic Education“ viel weiter. INTERVIEW: SCHN

19 Uhr, Festsaal der Bürgerschaft