HAMBURGER SZENE VON MAXIMILIAN PROBST
: Für die Katz’

Was bleibt mir da, als unter den stolzen Blicken des Mannes und den starren der Katzen davon zu schleichen?

Journalisten müssen auch hinter die Fassade schauen. Ich also ums Haus herum, durch eine Einfahrt und hinein in den hübschen, grünen Innenhof. Aha! Eine Skulptur steht dort, eine, wie ich nähertretend feststelle, aus Stein gemeißelte Katze, die starr an mir vorbei schaut. Wie ich nun mit den Augen der Linie ihres Blickes folge, was sehe ich da? Eine zweite Katze, diesmal eine höchst lebendige, die mich von einem Balkon aus fixiert. Wow.

Ich zücke also mein Notizheft und will gerade das so seltsam bedeutsame Zusammensein von Katze, Skulptur und mir aufzeichnen, da höre ich einen Ruf. Auf einem weiteren Balkon sitzt noch wer, diesmal ein Mann, und schaut auf uns hinab. Die Skulptur, ich, der sie betrachtet, die Katze, die mich betrachtet, das Dreieck unserer Blicke: Der Mann hat alles gesehen. Und nicht nur das: Er weiß auch alles. „Die ist vom Bildhauer Soundso“, ruft er hinunter. Dann geht er ins Zimmer, um zu allem Überfluss mit einem Bild zurückzukommen. Die Skulptur! Er hat sie gemalt!

Herrje, alles auf seiner Seite: der Überblick, das Wissen, die Kunst. Was bleibt mir da, als unter den stolzen Blicken des Mannes vom Balkon und den starren der Katzen davon zu schleichen? Die Lehre allenfalls, dass Journalisten bisweilen in Dinge geraten, die sie weit übersteigen.