Jugend hat vom Aufschwung nichts

STUDIE Laut IG Metall ist die persönliche Lage junger Menschen prekär, ihre Aussichten sind düster

Die Situation habe sich noch weiter verschlechtert, trotz Aufschwung

FRANKFURT/MAIN taz | Die persönliche Lage der jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 34 Jahren ist in fast jeder Beziehung prekär und ihre Aussichten auf eine bessere Zukunft sind düster. So lässt sich das Ergebnis der von der IG Metall in Auftrag gegebenen Studie „Persönliche Lage und Zukunftserwartungen der jungen Generation 2010“ zusammenfassen.

Die Erwerbstätigen unter den befragten 1.134 Personen dieser Altersgruppe sind zu 30 Prozent nur befristet beschäftigt. 20 Prozent arbeiten in Teilzeit. Bei den Beschäftigten unter 25 Jahren arbeitet schon mehr als die Hälfte in prekären Arbeitsverhältnissen, zu denen auch Praktika zählen – Tendenz steigend. Knapp ein Drittel aller Befragten gaben an, in ihrem Leben noch nie fest angestellt gewesen zu sein. Der Rest ist ohnehin arbeitslos, langzeitarbeitslos oder auf ABM- oder SAM-Stellen abonniert.

Im Vergleich mit den Ergebnissen der Studie im Krisenjahr 2009, konstatierte der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, habe sich die Situation noch weiter verschlechtert, „trotz Aufschwung“.

Die Studie unterstreiche in ihren Ergebnissen aber auch, dass in Deutschland „ein erhebliches Arbeitskräftepotential zur Verfügung steht, das allerdings nicht hinreichend qualifiziert und gefördert wird“, so Wetzel. Denn nur 24 Prozent der Erwerbstätigen mit Hauptschulabschluss und nur 16 Prozent der jungen Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund würden in betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen einbezogen. Wetzel spricht von einer „zweiten Bildungskatastrophe“.

Und davon, dass es diese auf dem Abstellgleis stehenden jungen Menschen doch nur noch als „zynisch“ empfinden müssten, wenn in diesem Land jetzt auch noch verstärkt über die Zuwanderung von Fachkräften diskutiert werde. Da werde „der zweite Schritt vor dem ersten gemacht“. „Priorität“ nämlich müsse die Nutzung des Facharbeiterpotentials hier genießen, „inklusive all der jungen Leute mit Einwanderungshintergrund“. Doch in Deutschland versagten die Hauptschulen, Unternehmen verweigerten die Aus- und Weiterbildung und die Bundesagentur verwalte die jungen Menschen nur, anstatt sie zu fördern, echauffierte sich der Gewerkschaftsboss.

IG-Metall-Vize Detlef Wetzel spricht von einer „zweiten Bildungskatastrophe“

Wetzel verlangt jetzt von der Bundesregierung die Einrichtung einer mit Politikern, Gewerkschaftern, Arbeitgebern, Sozialverbands- und Kirchenvertretern sowie Betroffenen besetzten „Task Force Junge Generation“. Die Arbeitsgruppe solle zunächst „eine umfassende Bestandsaufnahme vornehmen, Gesetze auf den Prüfstand stellen und dann Lösungsvorschläge entwickeln“. Der Gewerkschafter appellierte an Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, „die zuvor ja mal Jugendministerin war“, im Interesse der jungen Menschen „für sichere Arbeit und belastbare Zukunftsperspektiven“ zu sorgen. Damit könne die Ministerin dann auch deren Urteil widerlegen, wonach „der Einfluss wirtschaftlicher Interessen die politischen Entscheidungen dominiert“. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT