Alle gegen rechtsextreme Demonstranten

PROTEST In Leipzig wollen Hunderte Neonazis aufmarschieren. Doch die Gegner, von Linkspartei bis zur CDU, wehren sich – mit Erfolg

LEIPZIG taz | In Leipzig werden am Samstag über 1.500 Rechtsextreme zu einer Kundgebung erwartet. Die rechtsextreme Szene will damit ein neues Aktionskonzept ausprobieren, das beim Gedenkmarsch in Dresden 2011 zum Tragen kommen soll. Eine Gerichtsentscheidung stoppte am Freitagnachmittag allerdings die drei angemeldeten Aufmärsche, erlaubte aber eine Kundgebung. „Das freut uns ein wenig, aber wir mobilisieren weiter“, sagt Juliane Nagel vom Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ der taz. Denn die Nazis könnten noch Rechtsmittel einlegen, so Nagel. Das Ziel sei, zu verhindern, dass „die Nazis hier einen Meter laufen“. In Dresden war es 2010 gelungen, den Aufmarsch der Rechtsextremen durch friedliche Blockaden zu stoppen. Dies soll in Leipzig, wenn erforderlich, wiederholt werden.

„In ihren Aufrufen fordern die Neonazis eine Volksgemeinschaft und einen nationalen Sozialismus“, sagt Nagel. Solche Vorstellungen verdienten klaren gewaltfreien Widerspruch. Auch der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) unterstützt diese Protestform und fordert: „Treten Sie den Neonazis gewaltfrei entgegen.“ 52 Mahnwachen und 47 Protestveranstaltungen sind in der sächsischen Messestadt angemeldet. Man rechne mit bis zu 5.000 Demonstranten, sagt Nagel, die für die Linkspartei im Stadtrat sitzt. Der Rat hat ebenso zum Protest aufgerufen – mit Zustimmung von CDU und FDP.

Am Freitagnachmittag bestätigte das Verwaltungsgericht Leipzig das Marschverbot der Stadt. Am Donnerstag hatte Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linkspartei) erklärt, die drei Routen der Rechtsextremen für einen Sternmarsch seien untersagt, aber eine stationäre Kundgebung erlaubt. „Wir haben zwar genügen Polizeikräfte für den Schutz einer Versammlung aus dem rechtsradikalen Spektrum, aber nicht für drei“, betonte Rosenthal. Einen Marsch verbot die Stadt mit dem Verweis auf dem Anmelder Enrico Böhm, der wegen Vergehen gegen das Versammlungsgesetz und versuchter Körperverletzung verurteilt ist.

Vor allem das rechtsextreme „Freie Netz“ um den NPD-Landesorganisationsleiter Maik Scheffler bereite die Aktionen vor, so Kerstin Köditz, die Mitglied der sächsischen Landtagsfraktion der Linkspartei ist. „Das Freie Netz ist straff organisiert, sehr mobilisierungsfähig, äußerst konspirativ und extrem militant.“ Mit den Mehrfachanmeldungen von Aufmärschen, so Nagel, will die Neonazi-Szene verhindern, dass sie wie in Dresden 2010 durch Blockaden rund um den Auftaktort daran gehindert wird, loszumarschieren. Auf der Mobilisierungswebsite erklären die Rechtsextremen, schon „mit Hinblick auf alle weiteren Veranstaltungen dieser Art in Sachsen“ jede juristische Instanz zu nutzen. ANDREAS SPEIT