Bananen vom Bodensee

KLIMASCHUTZ In den nächsten zwei Jahren wird sich entscheiden, ob es die Menschheit schafft, den Klimawandel in erträglichem Maße zu begrenzen. Energiewende und EU spielen dabei eine entscheidende Rolle

■ „Highway to Wüstenplanet“, 11.15 Uhr im Auditorium mit: Rebecca Harms, Yasmin Fahimi, Artur Runge-Metzger und Martin Unfried. Moderiert von taz-Redakteur Ingo Arzt.

■ „Gefährdet die EU die Energiewende oder braucht die Energiewende die EU“, 17 Uhr im Zelt 1 mit: Simone Peter, Frauke Thies, Claudia Kemfert und Justus Haucap. Moderiert von Ralf Fücks (Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung).

VON INGO ARZT

Europa im Jahr 2050 müsste eigentlich ein Öko-Utopia werden. Rauchende Kohlekraftwerke und Schornsteine, lärmende Autos, Ölterminals an den Häfen, Tankstellen, all das sind Erinnerungen aus dem 20. und frühen 21. Jahrhundert, dessen schmutzige Hinterlassenschaften eine dritte industrielle Revolution in einem Rennen um die saubersten Technologien hinwegfegte. Flugzeuge tanken Biosprit, Autos tanken Sonne, Schiffe setzen wieder Segel, die Fassaden der Häuser produzieren Strom und sind besser isoliert als Eisbären (die sich fröhlich auf neuen Eisschollen paaren).

Bis auf die Eisbären ist das jetzt eigentlich kein Witz. Setzt die EU ihre Ziele um, steht ihr ein radikaler Umbau bevor. Binnen 60 Jahren, also von 1990 bis 2050, will Europa seinen Ausstoß an Klimagasen um 80 Prozent senken. Vorbildlich, aber bisher nur ein fromme Formulierung der EU-Kommission.

Ob Europa es ernst meint, entscheidet sich in den nächsten zwei Jahren. Sie werden entscheidend sein für die Frage, ob der Klimawandel in erträglichen Bahnen bleibt und wie es mit der Energiewende weitergeht: Im Herbst 2015 wollen die Staaten der Welt in Paris ein globales Klimaschutzabkommen vereinbaren. Bereits jetzt tagen die Unterhändler regelmäßig. Die EU könnte die Verhandlungen entscheidend voranbringen. Sie ringt momentan um ihre Klima- und Energiepolitik bis zum Jahr 2030, will bis dahin 40 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 ausstoßen. Zudem soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 27 Prozent gesteigert werden.

Noch ist das aber nur ein Vorschlag der Kommission. Ist das eine gute Vorlage, um auch die USA, China, Indien, Russland, Brasilien, Kanada, Australien, Japan und andere dazu zu bewegen, das Klima zu schützen und auf grüne Energien zu setzen?

Mach die Europäische Union damit Energiewende? Auf dem taz.lab 2014 behandeln gleich zwei Podien diese Fragen – eines wird von der Heinrich-Böll-Stiftung, das andere von der taz organisiert. Es wird vermutlich hart diskutiert werden: Mit der Grünen-Vorsitzenden Simone Peter und der Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Claudia Kemfert, prallen zwei erklärte Fans der Energiewende auf jemanden, der das Vorhaben als ineffizient und in der heutigen Form zu teuer geißelt: Justus Haucap, Mitglied der Monopolkommission und Professor für Wettbewerbsökonomie. Als Vertreterin der europäischen Solarindustrie wird zudem Frauke Thies mit dabei sein. Sie debattieren die Frage: „Gefährdet die EU die Energiewende oder braucht die Energiewende die EU?“ Das Thema ist am 12. April aktuell wie kaum ein anderes: In der Woche zuvor legt das Bundeskabinett seine Vorschläge zu einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vor. Der Text wird eng mit der EU abgestimmt sein, die Deutschland von Brüssel aus Vorgaben macht, wie die Energiewende marktkonform gestaltet werden kann.

Aus den Ereignissen lässt sich auch die Frage ableiten, ob die EU noch Vorreiter im Klimaschutz ist. Einer, der es wissen muss, ist Artur Runge-Metzger. Er leitet die internationale Arbeitsgruppe, die bis nächstes Jahr ein neues Klimaschutzabkommen vorbereiten soll. Eines, das von allen Staaten weltweit getragen wird – klingt fast utopisch. Mit ihm diskutieren Rebecca Harms, Vorsitzende der Grünen im EU-Parlament, und Yasmin Fahimi, Generalsekretärin der SPD, über die Frage, ob die EU es wirklich ernst meint mit dem Klimaschutz. Oder ob China oder die USA in die Bresche springen müssen und im Jahr 2050 naserümpfend auf eine EU blicken, in der es qualmt und stinkt.

Ingo Arzt, Jahrgang 1978, ist taz-Redakteur für Energie und Klima. Auf dem taz.lab moderiert er das Panel zum Thema Klimaschutz.