Falscher Arbeitsvermittler vor Gericht

Ein 39-Jähriger soll Firmen gegründet haben, um Vermittlungsprämien für Erwerbslose von der Arbeitsagentur zu kassieren. Seine Mitangeklagten vor dem Landgericht haben die Vorwürfe eingeräumt. Er selbst schweigt

Wer einem Arbeitslosen Arbeit vermittelt, bekommt dafür eine Provision. Bis zu 2.500 Euro zahlt die Agentur für Arbeit in zwei Raten. Bis vor kurzem wurde die erste Rate in Höhe von 1.000 Euro bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags fällig. Ein Umstand, der etliche Betrüger anlockte. So auch Arnd R., der seit Anfang September vor dem Landgericht auf der Anklagebank sitzt. Der 39-jährige, gelernte Konditor wird beschuldigt, gemeinsam mit zwei Frauen und einem Mann zwei Firmen gegründet zu haben, um betrügerisch Provisionen zu kassieren.

Die Firma „Jobstitute“ trat dabei als privater Arbeitsvermittler auf, die andere – „europe work“ – suchte angeblich Arbeitskräfte und fand sie über Inserate im Internet. Von April bis Juni 2006 vermittelte Jobstitute 79 Arbeitnehmer an europe work und reichte deren Vermittlungsgutscheine bei der Agentur für Arbeit ein. Zwanzigmal wurde die erste Rate an Jobstitute überwiesen. Die betroffenen Arbeitnehmer meldeten sich nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags von der Arbeitsagentur ab. Ihr neuer Job war reichlich absurd: In Berlin und Hamburg mussten sie Perlenketten auffädeln und Stecker an Verlängerungskabel schrauben. Abends zerschnitten sie die Ketten dann wieder und demontierten die Kabel. Doch erst, als der versprochene Lohn von 1.600 Euro monatlich ausblieb, erstatten sie Anzeige. Etwa 108.000 Euro geprellten Lohn listet die Staatsanwaltschaft auf, doch die Zahlen beschreiben kaum die immense Tragik von Hoffnung auf Arbeit und Enttäuschung bei den betrogenen Arbeitslosen.

Vorausschauend hatte Arnd R. für die Leitung seiner Firmen mehrere Mitarbeiter eingestellt: Die Bürokauffrau Kirsten H. als Prokuristin, die Rechtsanwältin Alexia Z. als Justiziarin und Personalmanagerin, den Kraftfahrzeugtechniker Vincent F. als Geschäftsführer. Die drei teilten sich mit Arnd R. die Anklagebank, obwohl sie sich mehr als Opfer denn als Täter fühlten: Kirsten H., die 38-jährige, verheiratete, zweifache Mutter, die nach dreijähriger Pause wieder in den Beruf zurückkehren wollte, die über ihren Mann zu Arnd R. kam und die ihr privates Konto als Geschäftskonto zur Verfügung stellte. Sie machte mit bei den Mauscheleien, ohne davon finanziell zu profitieren. Warum? Weil sie Karriere machen wollte, und weil Arnd R. sie so charmant darum bat, sagt ihre Verteidigerin.

Die Rechtsanwältin Alexia Z. konnte nach ihrem zweiten Staatsexamen keinen Job finden und wurde, so die Ironie des Schicksals, von der Arbeitsagentur an Arnd R. vermittelt. Ein halbes Jahr saß die 32-Jährige in Untersuchungshaft. Ihre Zulassung als Rechtsanwältin gibt sie zurück und hofft nun, mit Hochzeit und Baby wenigstens privates Glück zu finden.

Denn um ihren Prozess abzukürzen rangen sich alle drei Mitangeklagten zu einem pauschalen Geständnis durch und räumten die Vorwürfe gegenüber der Staatsanwaltschaft ein. Wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs wurden sie zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, Alexia Z. muss außerdem 2.700 Euro zahlen, Kirsten H. 9.000 Euro. Der 29-jährige Vincent F. bekam 18 Monate Freiheitsentzug auf Bewährung, obendrein muss er 4.800 Euro an die Landeskasse zahlen.

Arnd R. jedoch verweigerte den Handel von Geständnis gegen Strafmilderung. Ihm, der sich gegenüber den Arbeitnehmern stets als „Mario Krüger“ ausgab, wird die Staatsanwaltschaft nun in den nächsten Monaten mühsam seinen Tatbeitrag nachweisen müssen – ohne die Hilfe der bereits Verurteilten. Denn die unter Bewährung Stehenden haben Angst, sich selbst zu belasten und werden die Aussage verweigern, so die Verteidigerin von Kirsten H.

Die Agentur für Arbeit hat nach etlichen Betrugsfällen ihren Auszahlungsmodus für die erste Vermittlungsrate geändert: Diese erfolgt nun erst sechs Wochen nachdem der Vermittelte die Arbeit aufgenommen hat.

Uta Falck