Abschied von Platz 1

Gegen Mainz kommt Hertha dank einer geschlossenen Mannschaftsleistung zu einem 1:1-Unentschieden

Als Patrick Ebert nach dem Halbzeitpfiff mit leicht gesenktem Kopf in die Kabine ging, kam Andreas „Zecke“ Neuendorf auf den jungen Mittelfeldspieler von Hertha BSC zugeeilt, legte seinen Arm um ihn und sprach ihm Mut zu. Eine kleine Geste zwar – sie führt jedoch vor Augen, wie das Mannschaftsgefüge von Hertha BSC derzeit funktioniert. Patrick Ebert hatte im Bundesligaspiel am Samstag bei Mainz 05 eine unglückliche Figur abgegeben. Ihm waren Bälle versprungen, er hatte eine Reihe Fehlpässe gespielt und nur wenige Zweikämpfe gewonnen. Neuendorf hätte eigentlich froh sein und darauf hoffen können, zur zweiten Hälfte ins Spiel zu kommen. Schließlich war der 31-Jährige sicherlich enttäuscht über die Entscheidung von Trainer Falko Götz, dem erst 19 Jahre alten Ebert den Vorzug als Ersatz für den verletzten Gilberto gegeben zu haben. Aber die Stimmung zwischen jung und alt, die Mischung aus erfahren und wild, passt gut bei den Berlinern. Der gerechte Lohn an diesem Samstag: ein 1:1-Unentschieden.

Falko Götz hatte vor der Saison angedeutet, dass der Ausfall von Leistungsträgern wohl schwer zu kompensieren sein würde. Mit den langwierigen Verletzungen von Yildiray Bastürk und Gilberto ist dieser Fall eingetreten. Götz musste sich vor dem Gastspiel bei Mainz überlegen, wie er das Loch im Mittelfeld stopfen könnte. Er entschied sich für eine Systemumstellung und für die Hereinnahme von Sofian Chahed und eben Patrick Ebert. Letzterer bildete mit Kevin Prince Boateng, ebenfalls erst 19, eine Flügelzange. Boateng, der durchaus Spielmacherqualitäten besitzt, aber noch nicht auf seiner Lieblingsposition hinter den Spitzen ran durfte, hatte viele gute Szenen. Er forderte Bälle und war nicht nur wegen seines Ausgleichstreffers ein ständiger Unruheherd. Ebert schien dagegen sehr nervös. Er gab sich jedoch nicht auf, was Götz später lobend erwähnte.

Statt einer zentralen, offensiv ausgerichteten Position, wie sie Bastürk normalerweise ausfüllt, besetzte Götz die Sechser-Position vor der Abwehr gleich doppelt. Dem erfahrenen Pal Dardai stellte er Chahed an die Seite, der sein viertes Bundesliga-Spiel ordentlich absolvierte. Hertha-Manager Dieter Hoeneß lobte die Taktik des Trainers: „Durch die zwei Sechser hatten wir frühe Balleroberungen, die leider zu schlampig ausgespielt wurden.“

Trotz der ansprechenden Leistung der Hertha ist an zwei Spielern festzumachen, dass das Mittelfeld ohne Bastürk und Gilberto nicht dieselbe Qualität aufweist: die Stürmer Marko Pantelic und Christian Giminez waren weit von ihrer Gefährlichkeit der letzten Spiele entfernt. Das lag aber auch daran, dass aus dem Mittelfeld nur wenige präzise Bälle den Weg in die Füße der beiden Angreifer fanden.

Die Hertha-Spieler zeigten sich durchaus selbstkritisch: „Wir haben nicht flüssig gespielt, zu viele Fehlpässe produziert und zu wenige Anspielstationen gehabt“, sagte Pal Dardai. So musste sich die Hertha mit dem Unentschieden zufrieden geben und ihren Platz an der Tabellenspitze – Götz: „Wir haben es genossen“ – räumen.

Götz schien sogar erleichtert, dass der Spuk Tabellenführung ein Ende hat. Er weiß genau, wo seine Mannschaft einzuordnen ist: „Wir sind nicht so vermessen, uns am ersten Platz zu messen“, so der Coach. „Gilberto und Bastürk sind langfristig sehr wichtig und nur schwer zu ersetzen.“ Dennoch hat die Mannschaft jetzt die Chance, Charakter zu zeigen. Und sie ist auf einem guten Weg. BASTIAN HENRICHS