Kassiertes Kindergeld

Gegen steigende Kindergartenbeiträge wehren sich Eltern in immer mehr Städten: Die Betreuung der Kleinsten soll bis zu 450 Euro im Monat kosten. CDU-Familienminister Laschet will nicht eingreifen

VON ANNE HERRBERG
UND NATALIE WIESMANN

Nicht nur in Mülheim (taz berichtete), auch in Düsseldorf, Recklinghausen, Arnsberg, Selm und anderen Städten protestieren Väter und Mütter gegen steigende Elternbeiträge für Kindergärten. „Viele Eltern überlegen sich Alternativen zum Kindergarten“, sagt Sabine Pahlke, Sprecherin der Elterninitiative Arnsberg. Manche Eltern überlegen, zu mehreren eine Tagesmutter zu engagieren. In anderen Städten wollen sie aus Protest private Kindergärten gründen.

Eltern müssen in Nordrhein-Westfalen insgesamt 19 Prozent der Gesamtkosten eines Kita-Platzes zahlen. Doch in kaum einer Stadt wird diese Quote erreicht – zu hoch ist der Anteil an armen Familien, die von den Gebühren befreit werden. Sogar in der reichen Landeshauptstadt Düsseldorf decken die Elternbeiträge nur 13,5 Prozent der Kosten. Die Differenz wurde bislang von Land und Kommunen gemeinsam ausgeglichen. Doch das Land will nicht mehr zahlen. Das haben die Regierungsfraktionen von CDU und FDP im Mai beschlossen.

Die Kommunen stehen nun vor einer Entscheidung: Entweder sie zahlen den Ausgleich selbst oder sie holen sich das fehlende Geld von den Müttern und Vätern. Die meisten Städte haben sich dafür entschieden, Eltern mit mittlerem und hohem Einkommen zur Kasse zu bitten. In Recklinghausen sollen gut verdienende Eltern monatlich bis zu 450 Euro pro Kind zahlen. „Wir fordern die Eltern auf, gegen die Gebührenbescheide Einspruch zu erheben“, sagt Dierk Dümeland vom Stadtelternrat. In Mülheim haben das bereits fünfzig Mütter und Väter getan.

Parallel dazu wollen die Elterninitiativen beider Revierstädte einen so genannten Einwohnerantrag stellen: Wenn vier Prozent der BürgerInnen den Antrag unterschreiben, muss der Rat die Gebührenerhöhung überdenken. 6.000 der benötigten 6.800 Unterschriften hat die Mülheimer Elterninitiative bereits gesammelt. „Der Rat muss seine familienfeindliche Entscheidung zurücknehmen“, fordert Sprecherin Andrea Rosenthal. Die Mülheimer Eltern stehen in Kontakt mit Initiativen in anderen Städten, um gemeinsame Proteste zu organisieren.

Während in den meisten Kommunen und Gemeinden hauptsächlich die Besserverdienenden unter Beitragserhöhungen leiden, nimmt die Stadt Arnsberg auch die ärmsten Familien in die Pflicht: Auch Hartz-IV-EmpfängerInnen müssen pro Kind 20 Euro im Monat aufbringen. „Das hat mit Sozialstaat nichts mehr zu tun“, empört sich Sabine Pahlke aus Arnsberg. Für die nächste Woche plant ihre Initiative eine Demonstration.

Auch in Düsseldorf, Recklinghausen und Mülheim gingen protestierende Eltern in den vergangenen Wochen auf die Straße. Die Städte verweisen auf die Landesregierung – ohne deren Zuschüsse seien die Kosten nicht zu decken. Familienminister Armin Laschet (CDU) aber beschied eine Anfrage der Mülheimer Eltern kühl: Die Gestaltung der Beiträge sei Sache der Kommunen, sein Ministerium könne da nicht eingreifen.