Wenn die Gitarre weiblich rockt

Die Frauen-Musik-Woche in Dortmund ist nichts für Jungs. Unter professioneller Leitung grooven nur die Mädchen

Fragt man junge Damen nach ihren Berufswünschen, heißt es oft: Popstar werden. Klar. Singen und Tanzen ist nicht nur für Waldorf-Schülerinnen eine tolle Sache. Der alljährige Andrang bei Popstars und Co. zeigt, wie Träume junger Mädchen aussehen.

Aber für die Karriere schuften? Eher Fehlanzeige – anders ist das Gejaule der Casting-Show-Anwärter kaum zu erklären. Einige der eigenwilligen Interpretationen können durchaus als fahrlässige Körperverletzung beklagt werden. Und doch berührt es, allerdings eher peinlich und mitunter den Magen.

Vielleicht hätten die Chartstürmerinnen jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt. Eine Möglichkeit bietet sich jetzt in Dortmund bei der „rocksie!“ Frauen-Musik-Woche (FMW) in Dortmund. Seit 1991 gibt es das größte Kooperationsprojekt für Musikerinnen. Nur für Musikerinnen, Männer sind Schweine. „Wenn Frauen unter sich sind, ist die Arbeitsatmosphäre besser“, sagt Miriam Jegottka, Projektleiterin der FMW. Überhaupt gäbe es zu viele Männer im Pop-Geschäft, nur fünf bis acht Prozent der Bandmitglieder gehören dem vermeintlich schwachen Geschlecht an. „Das beginnt doch schon in der Erziehung, ein Mädchen am Schlagzeug? Nein, die soll Klavier lernen,“ sagt Jegottka. Möglicherweise haftet dem Geschäft noch das Image der Verruchtheit an. Bei manchen Rockern gehören schließlich Alkohol und Drogen mitunter zur täglichen Arbeit.

Diesen Aspekt der Musik allerdings wird bei der FMW keine Aufmerksamkeit geschenkt. Hier steht die kreative Arbeit im Mittelpunkt, in Workshops wird an den Fähigkeiten der Teilnehmerinnen gefeilt. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Im Angebot: Singen, Gitarre, Bass, Bläser, Drums und technische Kenntnisse zu Produktion oder Design. Als Dozentinnen treten ausschließlich qualifizierte, studierte Damen aus dem gesamten Bundesgebiet an. Unterrichtet wird im Musik-Kultur-Zentrum in Dortmund, die Tage finden ihre Höhepunkte in abendlichen Jam-Sessions im Depot. Da Musiker vor allem Teamspieler sind, werden Bands gebildet, für Ska, Rock, Pop und kreative Improvisation. Ziel ist es, ein paar eigene Stücke zu kreieren. Hauptsache es rockt. Die Ergebnisse können auf dem Abschlusskonzert im Dortmunder Jazzclub Domizil bestaunt werden. Und ist damit die große Weltkarriere garantiert? Vielleicht nicht unbedingt, zwangsläufig und sofort. Einige der Absolventen der letzten Jahre sind aber auf einem guten Weg, die Formation „Fortezza“ beispielsweise feiert Erfolge in ganz Nordrhein-Westfalen.

Gute Neuigkeiten für alle Interessierten: Es sind noch Plätze frei! Die Teilnahmegebühr liegt bei 150 Euro. Bei einem anvisierten Beruf Musikerin ist das Geld in jedem Fall gut angelegt, die zukünftigen Bandgenossen werden das dankbar bestätigen, möglicherweise ebenso die einflussreichen Ohren von Dieter Bohlen.

SIMON KARSTEN

04. bis 08. Oktober 2006Rock-Infos: 0231-55752112