Kein gefährlicher Eingriff in Bahnverkehr

PROTEST Wie strafbar ist das mutwillige Entfernen von Gleisschotter an der Castorstrecke? Gar nicht, sagen Gegner des Castortransports. Juristisch mindestens eine Störung, sagt Niedersachsens Innenministerium

BERLIN taz | Um die angekündigten Castortransporte im Wendland zu verhindern, rufen Teile der Anti-Atom-Bewegung zu einer neuen Protestform auf, zum sogenannten „Schottern“. Dabei sollen Steine aus dem Gleisbett der betroffenen Zugstrecke entfernt und der Atommüll-Transport erschwert werden.

Ob „Schottern“ strafbar ist, bleibt wenige Wochen vor dem Transport weiterhin umstritten. „Schon immer haben Castor-Gegner Steine aus dem Gleis entfernt“, sagt Sonja Schubert von der „Kampagne Castor schottern“. Nie sei jemand jemals dafür belangt worden. Ob es diesmal anders kommt, sei eine „politische Entscheidung“, so Schubert.

Nach Einschätzung des niedersächsischen Innenministeriums ist sowohl das „Schottern“ selbst als auch der Aufruf dazu strafbar. Das Ministerium kündigte am Freitag an, die Polizei werde „alles tun“, um ein Entfernen von Schotter zu verhindern. Warum das „Schottern“ strafbar sein soll, ist jedoch selbst dem niedersächsischen Innenministerium unklar.

Der Nachrichtenagentur dpa sagte Ministeriumssprecher Klaus Engemann am Freitag, „Schottern“ sei „ein gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr“. Auf Nachfrage der taz relativierte Engemann jedoch seine Aussage. Er habe nicht sagen wollen, dass „Schottern“ den Straftatbestand „gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr“ erfülle. Das sogenannte Schottern sei nach Einschätzung des Ministeriums im juristischen Sinne eher eine „Störung öffentlicher Betriebe“.

Der Unterschied zwischen den genannten Tatbeständen ist nicht unerheblich. „Gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr“ können nach dem Strafgesetzbuch weit härter bestraft werden als die Störung öffentlicher Betriebe“, so Ulrich von Klinggräff vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein. FELIX DACHSEL