Niedersachsen will Gewaltspiele killen

Innenminister hält Selbstkontrolle der Branche für zu lax. Kriminologe Pfeiffer: Vor allem Jungs ballern sich blöd

HANNOVER taz ■ Glieder fliegen durch die Luft, Genicke knacken, Blut spritzt: Bei „Grand Theft Auto“, einem weltweit 30 Millionen Mal verkauften Computerspiel, dient sich der Held durch brutales Ballern hoch. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass solche Spiele bei uns von 16-Jährigen im Kaufhaus erworben werden können“, sagte Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KfN) gestern in Hannover.

Zusammen mit dem niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will der Kriminologe den Jugendschutz für die sogenannten Ballerspiele verbessern. Da die meisten Spiele im Ausland produziert werden, wollen Schünemann und andere Innenminister der Union den Hebel bei der Selbstkontrolle der Spielehersteller ansetzen. Das Gremium namens Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat im vergangenen Jahr etwa 2.700 Spiele überprüft – und rund 100 erst ab 18 Jahren freigegeben. Viel zu wenig, findet Schünemann: „Das gehört in staatliche Hand.“ Im Herbst will er der Innenministerkonferenz vorschlagen, wie die Klassifizierung von Killerspielen verbessert werden kann.

Pfeiffers bundesweite Befragungen unter Jugendlichen belegen: „Je brutaler die Spiele sind und je häufiger man sie spielt, desto schlechter sind die Noten.“ Betroffen sind vor allem die Jungs. Nur noch 42 Prozent von ihnen erhielten eine Empfehlung fürs Gymnasium, dagegen 58 Prozent der Mädchen. Vor allem in Haushalten mit ungebildeten Eltern stehen zu viele Gameboys, betont der frühere SPD-Justizminister Pfeiffer. „Die Schichtunterschiede vergrößern sich, weil Eltern unterer Schichten noch einmal genau das Verkehrte mit ihren Kindern machen.“ KAI SCHÖNEBERG