Beleidigung im Affekt

Staatsanwalt ermittelt gegen das Entführungsopfer Khaled El Masri wegen Verunglimpfung Becksteins

NEU-ULM taz ■ Die Staatsanwaltschaft München führt den Neu-Ulmer Khaled El Masri als mögliches Entführungsopfer. Für die Memminger Strafverfolger aber ist Masri neuerdings ein mutmaßlicher Straftäter. Er soll Bayerns Innenminister Beckstein beleidigt haben.

Dass der Deutsche Khaled El Masri 2003 vom amerikanischen Geheimdienst CIA entführt wurde, daran hatten zuletzt auch starke Skeptiker im Untersuchungsausschuss keine begründeten Zweifel mehr. Die Sympathien für den früheren Autohändler aus Neu-Ulm sind dennoch weiter geteilt, offenbar auch innerhalb der bayerischen Justiz.

Während die Münchner Staatsanwaltschaft ihr Ermittlungsverfahren zur Aufdeckung der mutmaßlichen Verschleppung beherzt weiterbetreibt, hat sich die Schwesterbehörde in Memmingen El Masri kürzlich als Beschuldigten ausgeguckt. Sie ermittelt seit wenigen Wochen – auf eine anonyme Anzeige hin, wie es heißt – wegen möglicher Beleidigung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU).

Die Beleidigung soll im Februar dieses Jahres im Ausländeramt des Landratsamts Neu-Ulm ausgestoßen worden sein. Es ging um die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung für El Masris Ehefrau. Die Kinder des Ehepaars warteten im Auto vor dem Amtsgebäude, sein Mandant sei während des sich lange hinziehenden Verwaltungsakts zunehmend ungeduldig geworden, gesteht Anwalt Manfred Gnjidic ein. Auf die Frage eines Beamten, ob er einen Terroristen kenne, habe Masri schließlich patzig geantwortet: „Ja, Günther Beckstein.“

Die Befragung endete unfriedlich, das Ehepaar wurde wenige Wochen später zu einem „Sicherheitsgespräch“ nach München einbestellt. Wie man nunmehr weiß, wollen es beflissene Beamte in Neu-Ulm und Memmingen dabei nicht bewenden lassen. Wie lange das Ermittlungsverfahren noch dauere, sei offen, heißt es aus Memmingen.

Wie allerdings zu hören ist, legt Beckstein selbst offenbar wenig Wert auf die westbayerische Verteidigung seiner Ehre. „Er hat selbst keinen Strafantrag gestellt“, sagte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums.

„Das wird zu keinem Ergebnis kommen“, urteilt denn auch Anwalt Gnjidic. Beckstein sei „viel zu klug, als dass er wegen einer im Affekt gesagten Bemerkung vor ein Amtsgericht zieht“. Der Anwalt hat ein wichtigeres Verfahren im Kopf: den neuen Versuch einer Klage gegen den früheren CIA-Chef George Tenet vor einem US-Gericht.

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