Schlussakt für Schering

Auf der morgigen Hauptversammlung werden Aktionäre die Fusion mit Bayer besiegeln – und damit das Ende der Eigenständigkeit. Unklar ist, wie viele Jobs verloren gehen

Wenn die Schering-Aktionäre morgen zur Hauptversammlung zusammenkommen, geht es nicht um übliche Fragen wie die nächste Dividende. Auf der Tagesordnung des außerordentlichen Treffens in Berlin steht der tiefste Einschnitt in der 155-jährigen Geschichte des Pharmaspezialisten: Nach dem Kauf fast aller Anteile durch Bayer soll das höchste Organ die Fusion mit dem Leverkusener Chemieriesen besiegeln – der Schlussakt für die Eigenständigkeit von Schering. Zum Kurs der künftigen Bayer Schering Pharma AG sind sechs Monate nach dem harten Übernahmepoker aber noch viele Fragen offen.

Vorgelegt wird den Aktionären ein ganzes Paket von Regelungen, um Schering in den Bayer-Konzern einzugliedern. Dabei geht es zuerst um einen siebenseitigen „Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag“ und eine Satzungsänderung, die den neuen Firmennamen verankert. Bayer-Boss Werner Wenning und der scheidende Schering-Chef Hubertus Erlen stehen dann zur Wahl in den Aufsichtsrat. Die Zustimmung ist sicher. Denn die Leverkusener halten über 95 Prozent der Anteile, nachdem sie den Rivalen Merck im Frühjahr mit einem 17-Milliarden-Euro-Gebot aus dem Rennen um Schering geschlagen hatten.

Der Kampf um das Traditionsunternehmen hat Spuren hinterlassen. Wegen enormer Beratungskosten für Anwälte und Banken droht Schering dieses Jahr trotz florierender Geschäfte eine Gewinndelle – die beauftragten Wirtschaftsprüfer von KPMG erwarten einen Rückgang um gut 40 Millionen auf 575 Millionen Euro. Der gescheiterte Übernahme-Aspirant Merck kassierte aus dem Verkauf seiner Schering-Aktien dagegen 397 Millionen Euro extra, beim einstigen Schering-Großaktionär Allianz treibt dies den Gewinn sogar um 800 Millionen Euro.

Ungewiss sind dagegen nach wie vor die Folgen für die Mitarbeiter. Wie der von Bayer angedeutete Abbau von weltweit 6.000 Stellen konkret umgesetzt werden soll, ist nicht klar. „Wir hoffen, dass es sozial verkraftbar gemacht wird“, sagt der Betriebsratschef am Berliner Stammsitz, Norbert Deutschmann. Wie der Übergang gestaltet wird, spiele eine wesentliche Rolle für das Zusammenwachsen des künftigen Unternehmens. Dabei erwarten die Arbeitnehmervertreter einen Verzicht auf Entlassungen. Und als Schmerzgrenze ist definiert, dass nicht mehr als 500 der 5.500 Stellen in Berlin abgebaut werden.

Für die wirtschaftlich gebeutelte Metropole bringt die Fusion ohnehin einen Imageverlust. Wenn Schering am 18. September seinen Platz im DAX für die Postbank räumen muss, verabschiedet sich das einzige Hauptstadtunternehmen aus der ersten Börsenliga. dpa