Auge zugedrückt

EU-Kommission stellt Verfahren zu Kölner Müllskandal ein, obwohl sie Rechtsverstoß sieht

KÖLN taz ■ Im Kölner Müllskandal verpasst die EU-Kommission der Bundesrepublik nur ein blaues Auge. Die für Vergaben zuständige Direktion hat angekündigt, dass sie ihr Verfahren zur Abfallentsorgung in Köln einstellen will. Gleichzeitig bestätigte sie aber der „Kölner Initiative Müllvermeidung statt Müllverbrennung“ (Kimm), dass bei dem Projekt gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen wurde.

„Wir wurden in unserer Rechtsauffassung bestätigt“, sagte Kimm-Sprecher Rainer Zinkel. In dem Schreiben aus Brüssel heißt es unter anderem, dass „seitens der deutschen Stellen ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht“ eingeräumt wurde. Da die Kölner Müllverbrennungsanlage aber schon 1998 fertig gebaut war, könne man jetzt nichts mehr unternehmen.

Dass die Zeit wettbewerbsrechtliche Wunden heilt, sieht man auch an der Beurteilung anderer Details. So ist auch die Teil-Privatisierung der örtlichen Müllabfuhr eher durch einen Zufall wieder rechtens. Der Verkauf an die frühere Entsorgungsfirma Trienekens war zwar nicht in Ordnung, wie die EU-Kommission in ihrem Brief anmerkt. Mit der späteren Übernahme der Anteile durch die Kölner Stadtwerke sei der Fehler aber „geheilt“ worden. Dass Kölns Politiker stets darüber nachdenken, an wen sie die Anteile schnell wieder verscherbeln können, scheint bei der Bewertung der EU keine Rolle mehr zu spielen.

Für Kimm-Sprecher Zinkel ist der EU-Brief eine späte Genugtuung: „Für uns ist es unverständlich, dass die deutschen Behörden trotz unserer Hinweise damals nicht in der Lage waren, die Rechtswidrigkeit zu erkennen.“ Für die Zukunft hofft er, dass Bürgersorgen ernster genommen werden und nicht erst EU-Wächter für Ordnung sorgen müssen, wenn es eigentlich schon zu spät ist. FRANK ÜBERALL