Teetrinken schafft Vertrauen

Einen Kontaktbeamten für den Islam hat jetzt fast jede NRW-Kreispolizeibehörde. Insgesamt sind Muslime bei der Polizei aber kaum repräsentiert. Mehr Werbung soll Abhilfe schaffen

AUS MÜNSTER RALF GÖTZE

Als eine der letzten Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen hat die Polizei Münster in der vergangenen Woche ihren neuen Kontaktbeamten für den islamischen Kulturkreis vorgestellt. Mustafa Müller hält nun in der Universitätsstadt den Dialog zu den muslimischen Moschee-Vereinen, Geschäften und Fußballvereinen. Die Wahl Müllers fiel leicht: Der türkisch-stämmige Sunnit ist der einzige muslimische Polizeibeamte innerhalb der 1.250 Ordnungskräfte starken Behörde. „Wir haben hier einen gewaltigen Nachholbedarf“, gibt der grüne Polizeipräsident Helmut Wimber unumwunden zu.

Landesweit sieht es allerdings kaum besser aus. Von den rund 40.000 Ordnungskräften in Nordrhein-Westfalen stammen lediglich 570 – also knapp mehr als ein Prozent – aus Einwanderfamilien. Bei den Neueinstellungen sind es zwar mittlerweile sechs Prozent, aber auch damit bleiben Migranten bei der Polizei deutlich unterrepräsentiert: Schließlich hat laut NRW-Integrationsministerium fast jeder vierte Nordrhein-Westfale einen Migrationshintergrund. „Wir wollen den Anteil sukzessiv erhöhen, ohne allerdings die Selektionskriterien aufzuweichen“, sagt Heinrich Loh, Polizeidezernent für Werbung und Auswahl. Durch spezielle Aktionen sollen mehr Bewerber aus Einwanderfamilien für den Polizeidienst gewonnen werden.

In die gleiche Richtung zielt der gemeinsame Antrag der CDU- und FDP-Fraktion, der am Donnerstag in den Landtag eingebracht wird – mehr Werbung für eine Karriere bei der Polizei, aber keine Migranten-Quote. Allerdings scheitern beim bisherigen Auswahlverfahren deutlich mehr Migranten als Nicht-Migranten: 2005 erhielt noch nicht einmal jeder 30. Bewerber aus Einwandererfamilien eine Zusage; bei den übrigen Bewerbern schaffte es dagegen jeder 15. Und da NRW seit vier Jahren nur noch Polizeibeamte für den gehobenen Dienst einstellt, selektiert zudem die Hürde Abitur oder Fachhochschulreife viele Jugendliche aus Migrantenfamilien aus. „Das ist ein Schauantrag“, sagt daher die innenpolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion, Monika Düker. „Werbung ist immer gut, aber die Ursache liegt in der ungerechten Verteilung der Bildungsabschlüsse.“

Auch Münsters neuer Kontaktbeamter Mustafa Müller, der 1994 die mittlere Laufbahn anfing, würde heute mit seiner mittleren Reife bereits an der Zugangsvoraussetzung scheitern. Was soll nun der neue Islam-Kontaktbeamte in Münster tun? In erster Linie geht es um Vertrauen und Akzeptanz, erklärt Polizeipräsident Wimber. Denn insbesondere der islamische Kulturkreis pflege einen zurückhaltenden Umgang mit den Ermittlungsbehörden. Dies mache sich in einer niedrigen Anzeigen- und Zeugenaussagenquote bemerkbar.

Dagegen hat Mustafa Müller schon nach kurzer Zeit die Erfahrung gemacht, dass ihm der gemeinsame Glaube den Zugang und die Akzeptanz sowohl in sunnitischen als auch schiitischen Vereinen erleichtere. Gerade bei den älteren Respektspersonen sei zudem die gemeinsame Sprache wichtig, wobei der 34-jährige Polizeiobermeister klar macht: „Ich kann allerdings nur Türkisch – kein Arabisch“.

Ein einzelner Quoten-Muslime in ganz Münster kann ohnehin nicht die verschiedenen Menschen des islamischen Kulturkreises ansprechen, weiß auch Polizeipräsident Hubert Wimber. „Wir haben eine multi-ethnische Gesellschaft und das muss sich in Zukunft auch in einer multi-ethnischen Polizei widerspiegeln.“