Farblos, brennbar, narkotisierend

Im Blumenthaler Wasserschutzgebiet wurde Krebs erregendes Vinylchlorid gefunden

Wir haben alles im Griff: Das ist die Botschaft eines aktuellen Berichtes aus dem Umweltressort über Schadstoffe in stillgelegten Abfallbeseitigungsanlagen. „Eine Fehlbewertung“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Karin Mathes. In der Tat weisen neueste Messungen auf eine erhöhte Belastung mit Krebs erregendem Vinylchlorid in einem Wasserschutzgebiet in Blumenthal hin, wie Ressortsprecher Holger Bruns bestätigt.

Die Belastungen des Grundwassers an der Landrat-Christians-Straße sei bislang „einmalig aufgetreten“, sagt Bruns. Mehr Aufschluss soll – ähnlich wie bei Dopingfällen – eine B-Probe geben. Deren Ergebnis werde jedoch erst in einigen Wochen vorliegen – und tauche deshalb auch noch nicht im vorliegenden Prüfbericht auf. Erst anschließend könne eine ausführliche Ursachenforschung betrieben werden. Das, so Bruns, sei jedoch „richtig schwierig“. Von einer akuten Gefahr geht die Behörde jedoch nicht aus.

Vinylchlorid (Chlorethen) ist ein farbloses, brennbares und narkotisierendes Gas, das bei der Herstellung von Polyvinylchlorid verwendet wird, bekannt als PVC. Lange Zeit galt Vinylchlorid als relativ wenig giftig. Mittlerweile wird es jedoch als Krebs erregend eingestuft, auch Schädigungen von inneren Organen oder der Haut sind möglich.

Dabei ist dieser Schadstoff nicht der Einzige, der an der alten Deponie in Blumenthal in erhöhter Konzentration vorkommt. Die Belastung mit Arsen und Zink liegt dort leicht jenseits der zulässigen Grenzwerte, gleiches gilt für diverse Kohlenwasserstoffe. „Das wird regelmäßig überwacht“, heißt es dazu aus der Behörde, dringende Maßnahmen seien nicht notwendig.

Ähnliches trifft laut Umweltressort auch für andere so genannte Altablagerungen zu. Bei rund einem Drittel aller Standorte sei zwar „zumindest zweitweise“ eine erhöhte Belastung mit diversen Schadstoffen festzustellen – „ein über die zur Zeit laufenden Maßnahmen hinausgehender Sanierungsbedarf besteht jedoch nicht“. Insgesamt 130 Altablagerungen gibt es allein in Bremen, 34 werden regelmäßig überwacht, weil sie jedenfalls potenziell als Grundwasser gefährdend gelten.

Dazu gehört auch der im Wasserschutzgebiet gelegene Standort an der Landrat-Christians-Straße. Dort wurden zwischen 1960 und 1978 auf einer Fläche von 1,8 Hektar Hausmüll, Bauschutt und Industrieabfälle deponiert. Seit 1992 misst das Umweltressort dort alle halbe Jahre die Schadstoffbelastung.

Den Grünen ist das zu wenig: Es bringe nichts, wenn zwar überwacht, aber nicht gehandelt werde, sagt Mathes. „Schadstoffe haben im Grundwasser nichts zu suchen.“ Jan Zier